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wenige Meilen von Paris in einer prächtig dominirenden Lage sich hoch über den Ufern der Seine erhebend. Schon in den frühesten Zeiten des Mittelalters war es wegen seiner Lage eine wichtige Festung, welche den Lauf der Seine beherrschte. Mehrere Könige residirten dort, und Ludwig der Heilige erbaute

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eine Schlosskapelle, welche noch jetzt vorhanden ist. Später bemächtigten sich die Engländer des Platzes, der von ihnen vor der Schlacht von Crecy eingeäschert wurde. Karl V stellte das Schloss wieder her, und noch jetzt sieht man auf der äusseren Ecke links einen viereckigen Thurm, der aus seiner Zeit datirt. Später gerieth das Schloss etwas in Verfall, bis Franz I. der im Jahre 1514 dort seine Vermählung mit der Königin Claude

gefeiert hatte, es einem umfassenden Neubau unterwarf. 1 Er behielt jedoch die alten Fundamente, die Kapelle des XIII Jahrhunderts (Fig. 22 bei C) und den Eckthurm der vorderen Seite bei, und gab dem Schloss im Wesentlichen die Gestalt, welche es noch jetzt zeigt, mit Ausnahme der Thürme, die durch Ludwig XIV in Pavillons umgewandelt wurden.

Unter allen Schlössern dieser Zeit ist St. Germain (Fig. 22) dasjenige, welches am meisten den Charakter des Massenhaften, Kriegerischen an sich trägt, und ohne die grossen Fenster der beiden oberen Geschosse würde es einen düstern, festungsartigen Eindruck machen. Von Gräben, B, umgeben, erhebt es sich als unregelmässiges Fünfeck, dessen Seiten sämmtlich in einem spitzen oder stumpfen Winkel aneinander stossen, um einen nach derselben Form angelegten Hof D. Das Aeussere steigt zunächst in zwei untergeordneten, mit kleinen Fenstern durchbrochenen Geschossen aus den umgebenden Gräben empor. Diese Theile gehören noch dem Mittelalter. Der Haupteingang liegt an der Westseite und wurde durch eine Zugbrücke A vermittelt. Eine andre Brücke führte an der nordöstlichen Ecke in die ausgedehnten Garten- und Parkanlagen. Vor dem Haupteingang dehnte sich ein auf drei Seiten mit Wirthschaftsgebäuden umgebener äusserer Hof aus. An den äusseren Ecken des westlichen Flügels sind runde Treppenthürme angebracht. Drei andere Wendelstiegen liegen im Hofe, zwei davon in den Ecken des Westflügels als Zugänge zu dem dort befindlichen grossen Saal von 125 Fuss Länge und 35 Fuss Breite, eine dritte in der nordöstlichen Ecke. Ausserdem sind mehrere kleinere Wendelstiegen in dem südlichen Flügel angebracht, während ungefähr in der Mitte des Nordflügels eine bequeme Haupttreppe, E, mit gradem Lauf emporführt.

Der Bau ist in vier Geschossen durchgeführt, von denen. die beiden unteren geringe Höhe haben, die beiden aberen aber als Hauptgeschosse stattlicher angelegt sind. Die unter Franz I errichteten Theile (Fig. 23) zeigen eine originelle Behandlung, in welcher das decorative Element vor dem strengen Ernst der Construction auffallend zurücktritt. Kräftige Strebepfeiler erheben sich bis zum Dach, wo sie mit vasengekrönten Postamenten, die durch eine offne Balustrade verbunden werden, schliessen. In dem zweiten und dem vierten Geschoss sind diese Streben durch Rundbögen verbunden, so dass zwei gewaltige tiefe Mauernischen entstehen, innerhalb deren die beiden Fenster

1 Der Bau wird erwähnt in der Urkunde vom 18 Juni 1532. De Laborde, p. 339: avons voulu et ordonné autres bastimens et édifices estre faits en nos chasteaux de Saint Germain en Laye ..... et pour faire venir une fontaine en chacun de ces dits chasteaux de Saint Germain, Villiers Cotterets.»

reihen der entsprechenden Stockwerke angeordnet sind. Die Fenster zeigen sämmtlich den Rundbogen, sind bisweilen zu

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Fig. 23. Aus dem Hofe des Schlosses von S. Germain. (Sauvageot.)

zweien gekuppelt und haben einen Rahmen von dorischen Pilastern, zu welchem in dem Hauptgeschoss noch ein einfacher

antiker Giebel kommt. Das Hauptgeschoss ist ausserdem mit einer durchbrochenen Balustrade, die sich vor den Fenstern als Brüstung hinzieht, versehen. Dieselbe strenge Pilaster-Architektur ist auch zur Gliederung der Treppenthürme verwendet, und noch einfacher sind die mit kleinen Bögen verbundenen Pilaster, welche die Flächen der Strebepfeiler gliedern. Der Ernst dieser Architektur wird dadurch noch erhöht, dass die Hauptglieder aus Quadern, die Bogenfüllungen und selbst die Strebepfeiler in den oberen Geschossen aus Ziegeln aufgeführt sind.

So sehr dieser Bau durch seine fast düstere Strenge sich von der festlichen Heiterkeit, dem decorativen Reiz der übrigen Schlösser dieser Zeit unterscheidet, so hohe Bedeutung hat er gleichwohl in constructiver Hinsicht. Er wendet in nachdrücklicher Weise den Gewölbebau an, der in den untern Geschossen, in dem grossen Saal, den Treppenhäusern und den damit verbundenen Corridoren und Vestibüls noch ganz in mittelalterlicher Weise mit starken Rippen und eleganten Schlusssteinen durchgeführt ist; am originellsten aber in dem ganz gewölbten obersten Stockwerk, dessen Wölbung, wohl das früheste Beispiel dieser Art im Norden, unmittelbar die steinerne Decke des Gebäudes trägt. Man hat also ausnahmsweise auf jede Art von hölzernem Dach verzichtet, und durch reihenweis übereinandergelegte Steinplatten eine flach ansteigende Terrasse gebildet, die auf beiden Seiten von Balustraden eingefasst wird. Um so seltsamer wirken die zahlreichen, in ihrer Höhe freilich gemässigten Kamine, die über der Terrasse aufragen. Da du Cerceau versichert, der König habe sich so sehr des Baues angenommen, dass er gradezu als Baumeister desselben bezeichnet werden müsse, so darf man ihm vielleicht diese den sonstigen Sitten seines Landes entgegenstehende Anlage persönlich zuschreiben.

Oestlich von dem Schlosse begann später Heinrich II die noch jetzt durch ihre herrliche Aussicht über die Seine berühmte Terrasse; ausserdem ein eigenthümliches Gebäude »en manière de theatre« wie du Cerceau sagt, dessen Plan ein an den Ecken abgestumpftes Quadrat mit vier Halbkreisen an den einzelnen Seiten zeigt, das Ganze ein offner zu theatralischen Aufführungen oder Spielen bestimmter Raum, der durch eine Anzahl von bedeckten Nebenräumen rechtwinklig abgeschlossen wird.

§. 24.

Das Schloss La Muette.

Ausser diesen fünf grossen Schlössern, welche in hervorragender Weise den Bausinn Franz I verkünden, führte der König eine Anzahl anderer meistens kleinerer Schlösser aus, die

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ebenfalls für die Kunst und die Sitte der Zeit charakteristisch sind. Wir besprechen nur die bedeutenderen unter ihnen und beginnen mit La Muette. Der König liess diess kleine Jagdschloss mitten im Walde von St. Germain, zwei Meilen von diesem Schlosse erbauen, und nannte es La Muette, wie Du Cerceau sagt, »>weil es still, abgelegen und rings vom Walde umgeben ist. Es wurde also erbaut, um dem Könige mit einigen seiner intimen Gefährten eine stille Zuflucht und einen Punkt der Ruhe nach den Freuden der Jagd zu bieten. Das Gebäude ist in kleinem Maasstab nach einem ähnlichen Programm ausgeführt

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Fig. 24. Schloss La Muette. (Nach Du Cerceau.)

wie das Schloss Madrid (Figur 24). Ohne Hofanlage, bietet es einen fast quadratischen Mittelbau, auf dessen vier Ecken thurmartige Pavillons vorspringen, während sich vor der Mitte der Rückseite eine Kapelle mit polygonem Abschluss, an der Vorderseite ein Treppenhaus mit ähnlichem Polygonschluss ausbaut. Der Mittelbau, der Länge nach getheilt, enthält einerseits einen Saal mit zwei Kaminen und zwei Fenstern, andrerseits zwei geräumige von einander getrennte, aber mit dem Saal verbundene Wohnzimmer; in den Eckpavillons liegt jedes Mal noch ein Wohnzimmer mit besonderer Garderobe und Retraite.

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1 Aufn. bei Du Cerceau, T. I.

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