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ausgesprochen glaubten. Reichere Formen, aber in barock spielender Weise, sind an den Dachfenstern zur Verwendung gekommen. Das Hauptstück aber ist der breite und hohe antike Tempelgiebel mit figürlichem Schmuck, aber zugleich von zwei Bogenfenstern durchbrochen, der sich über die ganze Arkadenreihe des Mittelbaues ausspannt; eine Neuerung, die man der noch frischen Begeisterung für die in Italien gewonnenen antiken Anschauuungen zu Gute halten muss. Du Cerceau sagt: »sur lequel est assis un Frontispice, qui est bien un ordre et manière Antique, et esclatant à nous, qui n'en avons point faict en nostre France de si grand.« Wir Heutigen finden es freilich unpassend und unschön, um so mehr, da es mit den steilen Dächern der Pavillons de l'Orme hat jede Ecke durch zwei gesonderte Dächer als einen Zwillingspavillon gestaltet einen Widerspruch

bildet.

Steht indess der Künstler in diesem Jugendwerk minder bedeutend da. so haben die Schöpfungen seiner reiferen Jahre ihn uns in voller Meisterschaft gezeigt.

§. 67.

Jean Bullant.

Eine in mancher Hinsicht an de l'Orme erinnernde Erscheinung ist Jean Bullant, von dessen Leben wir freilich nur spärliche Kunde haben. Sein Geburtsort scheint Ecouen, das er mit dem Hauptwerk seiner künstlerischen Thätigkeit zu schmücken bestimmt war. Auch bei ihm dürfen wir annehmen, dass seine Geburt um 1515 fällt. Wie de l'Orme war er in seiner Jugend in Italien, um dort die Werke der alten und neuen Meister zu studiren. In seiner Schrift über die Architektur erzählt er selbst, dass er in Rom die mitgetheilten Zeichnungen nach der Antike aufgenommen habe. Es findet sich darunter eines jener prachtvollen korinthischen Kapitäle vom sogenannten Tempel des Jupiter Stator (Dioskurentempel im Forum), welches er im grossen Porticus des Hofes zu Ecouen genau nachgebildet hat. Ein Beweis, dass die Erbauung des Schlosses nach seiner italienischen Reise fällt.

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Es steht zu vermuthen, dass sein Gönner, der Connetable von Montmorency, welchem Ecouen gehörte, früh auf sein Talent aufmerksam gemacht, ihn nach Italien geschickt habe. Gewiss ist, dass der Connetable, als er während der Zeit seiner Un

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Reigle generalle d'architecture, in der Dedication und der Vorrede; que i'ai mesurées à l'antique dedans Rome>; < mesmes les ay mesurez et practiquez.>> Ibid. Fol. E. VIII.

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gnade von 1541 bis 1547 in Ecouen wohnte, den Entschluss fasste, das alte Schloss umzubauen und durch Bullant ein neues aufführen zu lassen. Mit dieser grossen Unternehmung begründete der Architekt seinen Ruf und gewann, als mit dem Regierungsantritt Heinrichs II Montmorency wieder zur Macht, gelangte, bald die Gunst des Königs, der ihn durch einen Erlass vom 25 Oktober 1557 zum Generalinspektor sämmtlicher Bauten der Krone ernannte.1 Sofort nach dem Tode Heinrichs II fiel er gleich de l'Orme in Ungnade und musste einer Kreatur der Katharina Namens François Gannat weichen. Von 1559 bis 1570 blieb er, wie es scheint, ohne weitere Aufträge, wie er denn selbst sagt, der Connetable habe ihn immer beim Bau seines Schlosses verwendet. weil er sonst meistens ohne andere Beschäftigung gewesen. Er nahm seinen Wohnort in dem stillen Ecouen und beschäftigte sich, ähnlich wie de l'Orme, mit theoretischen Untersuchungen und literarischen Arbeiten.

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Das erste Werk, welches man dieser Musse verdankt, erschien unter dem Titel: »RECVEIL D'HORLOGIOGRAPHIE, contenant la description, fabrication et usage des horloges solaires, Paris 1561. Er nennt sich darin Architekt des Connetable von Montmorency, dem er dieses und das folgende Buch gewidmet hat. Im nächsten Jahre 1562 erschien sein >> PETIT TRAICTE DE GEOMETRIE«, mit welchem das frühere Werk dann zu einem Ganzen verbunden wurde. Mit zahlreichen Holzschnitten ausgestattet, geben diese Schriften den Beweis der wissenschaftlichen Studien und der ernsten Neigung zur Theorie, welche ihn ähnlich wie de l'Orme auszeichnete. Seine Hauptarbeit auf diesem Gebiet ist aber die 1564 herausgegebene, dem Sohne des Connetable gewidmete, 1568 und später noch öfter neu aufgelegte: »REIGLE GENERALLE D'ARCHITECTURE des cinq manières de colonnes, a sçavoir Tuscane, Dorique, Ionique, Corinthe et Composite à l'exemple de l'antique suiuant les reigles et doctrine de Vitruue.«<

Diese Arbeiten freilich sind weder so umfassend, noch von der selbständigen Bedeutung, wie jene de l'Orme's, welchem er auch in allgemein wissenschaftlicher Bildung nachsteht. Aber die Bescheidenheit, mit der Bullant sich überall ausspricht, beweist, dass er zugleich weit von jeder Ueberhebung entfernt war. Ueberhaupt ist seine Stellung eine bescheidnere, und er war niemals wie de l'Orme Abt. Canonicus, königlicher Rath und

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1 De Laborde, la renaiss. des arts, V. I, p. 453. 2 Ibid. p. 458. Reigle generalle, in der Dedication: «d'autant que la pluspart du temps me restoit sans autre occupation». 4 Schon dem äussern Umfange nach nicht, da Bullant's Schrift in der ersten Auflage 24 Folioblätter, de l'Orme's Werk deren 283 enthält.

Kugler, Gesch. d. Baukunst IV.; Frankreich.

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Almosenier. Die gelehrte Bildung, die wir bei jenem angetroffen, vermissen wir bei Bullant, und er sagt selbst in der Widmung seiner Schrift über die Geometrie: »Monseigneur, je vous prie que si vous trouvez quelque faute à la lettre et langage, vouloir excuser la rudesse et malaornement de mondit langage, parce que je ne suis latin. Und in seiner Architektur, »quelque simple et mechanique qu'il soit,« entschuldigt er sich wegen seines »petit entendement à comprendre ès livres de Vitruue«. Bullant beschränkt sich denn auch, da er sein Buch nur geschrieben, »pour les ouvriers, car les hommes doctes en cest art n'ont besoing de mes escripts«< --, auf Darstellung der verschiedenen Säulenordnungen, die er aber mit ausserordentlicher Genauigkeit nach geometrischen Formeln und Gesetzen entwerfen lehrt, so dass sein Buch in der That für die Praxis damals von erheblichem Werth gewesen sein muss. Wir sehen auch aus. diesem Beispiel, welch ernste Mühe zu jener Zeit jeder Architekt sich mit dem gründlichen Studium seiner Kunst, namentlich mit der Erforschung der Verhältnisse gegeben hat. Auf der letzten Seite entlässt er den Leser mit einem Quatrain und einem Sonett. in welchem es u. a. heisst:

»Si qu'or' auant on voye en-my la France
Maints beaux Pallais d'orgueilleuse apparence
Ne ceder point aux Babyloniens.<<

Mit dem Jahre 1570 hörte die königliche Ungnade auch für Bullant auf. Er wurde zum Architekten Katharina's und zum Aufseher ihrer Bauten ernannt, und da de l'Orme eben gestorben war, trat er als dessen Nachfolger bei den Tuilerien ein1. Ausserdem musste er für die Königin, als diese aus Aberglauben den Bau des Palastes liegen liess, ein neues Stadtschloss, das Palais de la Reine, später Hôtel de Soissons genannt, aufführen. Es wurde später durch die Kornhallen verdrängt, in deren Mauerwerk sich noch eine kolossale korinthische Säule davon erhalten hat. Da in demselben Jahre mit de l'Orme auch Primaticcio starb, so wurde er an dessen Stelle zum Aufseher der königlichen Bauten ernannt und leitete als solcher nicht bloss die Arbeiten von Fontainebleau 2, sondern auch die Ausführung der Königsgräber in St. Denis. Er wird in den Rechnungen als »ordonnateur de ladicte sepulture« bezeichnet 3. Auch am Schlosse

1 Ueber seine Betheiligung bei diesem Bau vgl. oben §. 65. 2 De Laborde, la renaiss. Vol. I, p. 462: «A maistre Jean Bullant, controleur desdicts bastimens, la somme de 200 liv., pour une demie année de ses gages.» Ibid. p. 535: «A mre. Jehan Bullant, architecte du Roy, pour ses gaiges et appointements d'ordonnateur de ladicte sepulture, durant dix mois quinze jours, 523 liv. »

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St. Maur, welches die Königin ansehnlich vergrössern liess, finden wir ihn beschäftigt 1.

Bullant machte im October 1578, krank und schwach, in Ecouen sein Testament und starb dort am 10. desselben Monats 2. Er hinterliess eine Frau mit neun Kindern. Einen Monat vorher war Pierre Lescot verschieden, und so blieb von den grossen Meistern, welche die Bewegung der Renaissance in Frankreich zu ihrer Vollendung geführt, nur du Cerceau übrig, auch dieser bald auf fremder Erde sein Leben endend.

§. 68.

Das Schloss Ecouen.

Ecouen liegt fünf Meilen nördlich von Paris, in einem von Hügeln eingeschlossenen Thale, umgeben von prachtvollen Baumgruppen. Als der Connetable von Montmorency durch Bullant die feudale Burg abbrechen und ein neues Schloss errichten liess, war es offenbar seine Absicht, an Grossartigkeit und Pracht der Anlage mit den glänzendsten königlichen Bauten zu wetteifern. In Bullant fand er den geeigneten Meister, der noch voll von den Eindrücken Italiens ein Werk schuf, das zu den ersten seiner Zeit gerechnet werden muss. Glücklich durch die Stürme der Revolution bis auf unsere Tage gerettet, gehört es zu den wenigen fast vollständig erhaltenen Schlössern jener Epoche. Nur das Hauptportal mit seinem Triumphbogen wurde durch einen späteren Besitzer abgerissen, um einige tausend Franken zu seiner Ausbesserung zu ersparen. Napoleon I gab dem Schlosse die Bestimmung einer Erziehungsanstalt für die Töchter der Ehrenlegionaire, und noch jetzt dient es nach kurzer Unterbrechung diesem Zweck.

Das Schloss bildet ein mächtiges Viereck, welches sich um einen beinahe quadratischen Hof von 70 zu 60 Fuss gruppirt

1 A. Berty, les grands architectes, p. 160. Ein gelehrter Forscher der Picardie, H. Dusevel, in seinen «Recherches historiques sur les ouvrages exécutés dans la ville d'Amiens par des maîtres d'oeuvre pendant les XIV, XV et XVI siècles» (Amiens, 1858) hat aus den Archiven ermittelt, dass ein Meister Jehan Bullant, der mehrmals in den Rechnungen vorkommt, 1574 Architekt der Stadt Amiens war, in dieser Stellung aber den Behörden Anlass zu Klagen gab, weil er die Arbeiter dadurch, dass er ihnen oft aus einem Buche vorlas, zum Müssigsitzen verleitete. Da an eine Identität mit unsrem Jean Bullant nicht zu denken, haben wir es in dieser anziehenden Notiz offenbar mit einem Namensvetter und Kunstverwandten des Meisters von Ecouen zu thun. Vgl. A. Berty, a. a. O. p. 160 ff. 3 Aufnahmen bei du Cerceau, Vol. II, bei Baltard, Paris et ses environs (14 Tafeln) und bei Rouyer et Darcel, l'art architect. Vol. I, pl. 43-47 (Einzelheiten der Ausstattung).

(Fig. 68). Auf den Ecken springen hohe Pavillons als gewaltige Einfassung vor, in den äusseren Winkeln mit kleinen runden Treppenthürmen, den letzten Reminiscenzen mittelalterlicher Auffassung, flankirt. Auf drei Seiten, vorn, links und an der Rückseite, umgeben Wassergräben den Bau; an der rechten Seite schliesst ihn eine grosse Terrasse ein. Kleinere Terrassen, inner

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halb der Gräben den Bau unmittelbar umgebend, beherrschen den Blick über Gärten, Park und Waldung. Ein Garten, rings von Mauern umschlossen, die an zwei Seiten eine Nischenarchitektur zeigen, lehnt sich an die vordere rechte Seite der Hauptfaçade, die Terrassen und den Graben bis hart an den Haupteingang durchschneidend. Vorn und an der Rückseite führen Zugbrücken zu festungsartigen Eingängen, welche durch kurze in Rustika

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