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giebeln bekrönt, eleganten Bogennischen als Einfassung dienend, welche Statuen enthalten. In dieser originellen Decoration fordert die Phantastik der Frührenaissance noch einmal ihr Recht. Dasselbe gilt in verstärktem Maasse, selbst noch mit gothisirender Tendenz von den Baldachinen der Nischen, die im Erdgeschoss der beiden Pavillons angebracht sind. In diesen Decorationen, sowie in den hohen Dächern mit ihren Fenstern und Kaminen hat der italienische Architekt dem französischen Nationalgeist seine Concessionen gemacht.

§. 56.

Oeffentliche Brunnen.

Hand in Hand mit dem Streben nach reicherem Schmuck des öffentlichen Lebens geht die Errichtung von stattlichen Brunnen, die fortan im Sinne der Renaissance zu monumentalen Werken ausgeprägt werden. Schon das Mittelalter hatte diesen Denkmälern eine besondere Vorliebe zugewandt; aber in der gothischen Epoche hatte die kirchliche Architektur einen zu einseitigen Einfluss auf ihre Form und Ausbildung gewonnen, und es konnte nicht als eine in tektonischem Sinn angemessene und wahrhaft künstlerische Lösung betrachtet werden, wenn die Form eines gothischen Thurmes im verkleinerten Nachbild eines Spitzpfeilers als Motiv zum Wasserspenden zur Verwendung kam. Denn die metallenen Röhren, welche in solchem Fall das Wasser zu vertheilen haben, werden in ihrem rein äusserlichen Ansatz an den Körper des Denkmals keineswegs zu künstlerischen Trägern ihrer Funktion.

Die Renaissance greift zur Form eines weiten Beckens zurück, aus dessen Mitte sich in der Regel ein reich geschmückter kegelförmiger Pfeilerbau erhebt. Eines der zierlichsten Denkmäler dieser Art, noch aus der Epoche Ludwigs XII, besitzt die Stadt Tours. Jacques de Beaune, Seigneur de Semblancay und Gouverneur der Touraine, liess dasselbe aus carrarischem Marmor durch den berühmten Bildhauer Michel Columb entwerfen, dessen Neffen Bastien und Martin François sie im Jahr 1510 ausführten. Das kleine Monument 1 besteht aus einem achteckigen Becken, aus welchem sich ein 15 Fuss hoher pyramidaler Aufsatz erhebt. Das Bassin hat auf den Ecken originelle ionische Zwergpilaster mit cannelirten Schäften und in den zierlich umrahmten Feldern Ornamente von Ranken, Kränzen und flatternden Bändern. Die Pyramide entwickelt sich in einer Anzahl horizontaler Abschnitte, bei deren Gliederung und Profilirung

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Vgl. die Aufnahme bei Berty, ren. mon., Tom. II.

die Kunst der Renaissance den ganzen Reichthum ihrer Phantasie aufgeboten hat. Geflügelte Wasserspeier, deren ursprünglicher Charakter nicht genau mehr zu erkennen ist, spenden das belebende Element. Unter den zahlreichen Wappen und Emblemen,

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die an den Flächen sich finden, sieht man die Namenszüge Ludwigs XII und seiner Gemahlin Anna, von geschmackvollen Ornamenten umgeben. Auffallend genug sind am oberen Theile, wo sich aus eleganten Voluten die Spitze in Form einer ge

Kugler, Gesch. d. Baukunst. IV.; Frankreich.

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schweiften Geländersäule entwickelt, die Werkzeuge der Passion angebracht. So spielt der schwache Anklang eines religiösen Elements in diess rein weltliche Denkmal hinein.

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Ein Werk von bedeutenderem Umfang ist die Fontaine Delille zu Clermont-Ferrand, von der wir unter Figur 59 eine Abbildung beifügen. Sie wurde im Jahr 1515 von Jacques d'Amboise bei der Kathedrale errichtet, neuerdings aber auf die place Champeix übertragen, wobei das achteckige Becken ungeschickterweise durch ein rundes ersetzt wurde. In ihrem spielend decorirten Aufbau, und selbst zum Theil in den Einzelheiten der Ornamentik enthält sie noch gewisse gothische Nachklänge, die jedoch in zierlicher Weise sich mit den Details der Renaissance, mit arabeskengeschmückten Pilastern, sowie mit mancherlei figürlichem Beiwerk verbinden. Das Ganze macht einen originellen, phantastisch heiteren Eindruck.

Von der Fontaine des Innocents zu Paris, dem edlen Werke Jean Goujons, ist in §. 59 ausführlicher die Rede.

VI. Kapitel.

Die Renaissance unter den letzten Valois.

A. Die Hauptmeister und ihre Werke.

§. 57.

Veränderte Zeitverhältnisse.

Als Franz I starb, hinterliess er seinem Sohn und Nachfolger, wenn man Brantôme Glauben schenken darf, einen Staatsschatz von drei bis vier Millionen, ohne die jährlichen Einkünfte zu rechnen. Heinrich II trat die Herrschaft an, erfüllt von dem Wunsche, in die Fusstapfen seines Vaters zu treten, an Pracht, Glanz und Ruhm ihn wo möglich zu übertreffen. Ein schöner Mann, wohlgewachsen und stattlich, dem die dunkle Gesichtsfarbe einen besonders männlichen Ausdruck verlieh, abgehärtet und in allen Leibesübungen erfahren, ahmte er nicht ohne Erfolg das ritterliche Wesen seines Vaters nach. Dem Krieg und Soldatenwesen leidenschaftlich ergeben, setzte er sich Entbehrun

1 Vgl. Chapuy, Moyen âge pitt. III, pl. 88.

gen und Gefahren aus wie der gemeine Soldat; es war etwas von jenem Geiste persönlicher Tapferkeit, der seinen Vater auszeichnete. Ein trefflicher Reiter und leidenschaftlicher Pferdeliebhaber, wurde er bewundert wegen seiner ritterlichen Haltung; nicht minder hing er wie Franz I an dem Vergnügen der Jagd, namentlich der Hirschjagd, deren Anstrengungen und Gefahren er sich, jeder Witterung trotzend, aussetzte. Ein Meister in den verschiedenen Arten des Ballspiels, nahm er auch darin für sich den schwierigsten und gefährlichsten Posten in Anspruch, und zwar nicht aus Gewinnsucht, denn damals sei die Partie nur um zwei, drei bis fünf Hundert Thaler, nicht wie später um vier, sechs Tausend, ja um das Doppelte gegangen, und der König habe den Gewinn stets an seine Umgebung vertheilt. 1 Ebenso war er neben dem Herrn von Bonnivet der beste Springer am Hofe, und über einen Wassergraben von fünfundzwanzig Fuss Breite zu setzen, war ihm ein Leichtes. Bei solchen Gelegenheiten liebte er es, seine Geschicklichkeit und Kraft vor den Damen des Hofes leuchten zu lassen, und die kluge Katharina von Medici wusste dafür zu sorgen, dass es an einem glänzenden Flor schöner Damen nie fehlte.

Das Verhältniss zu dieser merkwürdigen Frau war ein eigenthümliches. Egoistisch und kalt berechnend, musste sie ihre Herrschsucht, die einzige Leidenschaft ihres Lebens, zurückdrängen und die Allmacht der Diana von Poitiers, die Heinrich zur Herzogin von Valentinois erhob, ruhig ertragen. Die ränkevolle Florentinerin, in der festen Ueberzeugung, dass ihre Zeit kommen werde, begünstigte sogar den Verkehr mit dieser Hauptmaitresse, wie sie denn keinen Augenblick Bedenken trug, durch die schönen Damen ihrer Umgebung ihren Gemahl und alle einflussreichen Männer am Hofe in Liebesnetze zu verstricken und nach Kräften zu verderben. Auch in dieser Hinsicht waren die Sitten am Hofe Heinrichs II nicht bloss die Fortsetzung derer seines Vaters, dessen Hof Brantôme schon »assez gentiment corrompu« nennt, sondern der Sohn wusste sein Vorbild noch zu übertreffen. Eine monumentale Bestätigung dieser Thatsachen wird man darin finden, dass, während Franz I an seinen Bauten ausser dem eigenen Namen nur den seiner Gemahlin anbringen liess, Heinrich II sich nicht scheute, Namenszug und Symbol seiner Concubine überall verschwenderisch auszutheilen. Aus diesen Verhältnissen ging die womöglich noch gesteigerte Neigung zu Festen und Lustbarkeiten aller Art, zu Turnieren, Maskeraden; Schaustellungen, Balletten und Tänzen hervor, welche in der Lebensbeschreibung dieses Königs bei Brantôme sich so ausserordentlich breit machen. Es sei nur an die Festlichkeiten beim Einzug des

Vgl. die Schilderung bei Brantôme, Capit. Français, Art. Henry II.

Königs in Lyon erinnert, wo mit Gladiatorenspielen und Galeerenkämpfen, Naumachieen nach antiker Weise, die damals in Frankreich fast noch unerhörte Aufführung einer Tragödie abwechselte und die Illumination der ganzen Stadt den Beschluss machte. Hand in Hand damit ging die noch gesteigerte Pracht der äusseren Erscheinung des gesammten Lebens. Wir wollen nur an die herrlichen Rüstungen mit eingelegten Goldornamenten oder getriebenen Reliefs, an die glänzenden Teppiche, an die berühmten Emaillen, die man als »Emaux Henry II« bezeichnet, erinnern.

Sieht man aber genauer zu, so gewahrt man bald, dass der Sohn den Vater doch nur äusserlich nachahmte, und diess gilt besonders für das Gebiet idealer Strebungen. Wohl schützte und pflegte Heinrich, auch darin den Spuren seines Vaters folgend. Wissenschaft und Kunst. Einer Anzahl tüchtiger Gelehrter gab er Pensionen und Unterstützungen, der Dichter Jodelle erhielt von ihm für seine Tragödie Cleopatra fünfhundert Thaler, den frostigen Ronsard, der das Entzücken der Zeit war, nannte der König seine Nahrung,« für seine Maitresse liess er ein prachtvolles Schloss erbauen, und die angefangenen Unternehmungen seines Vaters, namentlich den Louvre und das Schloss von Fontainebleau, sowie manche andere wurden mit nicht geringerem Glanze weiter geführt. Aber jenes persönliche Verhältniss zu Gelehrten, Dichtern und Künstlern, welches bei Franz I in menschlich liebenswürdiger Weise hervortritt und auf einer tieferen Schätzung alles geistigen Schaffens, vorzüglich der Kunst, beruht, jenen warmen persönlichen Antheil, der allen Schöpfungen Franz' I den Zauber einer individuellen Frische und Anmuth verleiht, suchen wir vergebens bei Heinrich II. Ihm ist es mehr um äusseren Glanz zu thun, seine Kunstförderung quillt nicht aus der Liebe zur Sache, sondern aus Prunksucht und Ruhmbegier. Gleichwohl sind die während seiner Regierung (1547 bis 1559) entstandenen Schöpfungen, obwohl häufig bereits ein kühlerer Hauch, ein stärkeres Walten der Reflexion sich zu erkennen giebt, diejenigen Denkmale der französischen Renaissance, in welchen, was die Epoche Franz' I in verschwenderischem Keimen und Blühen begonnen hatte, zur vollen Entfaltung gelangt, in welchen der nationale Baugeist, tiefer erfüllt und gesättigt von der Antike, seine edelsten Offenbarungen erlebt.

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Eine allmähliche Umwandlung, langsam aber sicher vorschreitend, vollzieht sich während der Regierung der drei Söhne Heinrichs, die einander den Preis der Erbärmlichkeit streitig machen. Die schlimme Saat, die ihr Vorgänger durch sein schwankendes, haltungsloses Wesen, durch das aufwuchernde Parteigetriebe und die schmachvollen Verfolgungen der Hugenotten, endlich durch seine sinnlose Verschwendung ausgestreut hatte. ging nunmehr wuchernd auf. Schon Franz I hatte nur durch

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