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FA1605.2

HARVARD UNIVERSITY LIBRARY

Druck von Emil Ebner in Stuttgart.

4134

Vorwort.

Acht Jahre nach dem zu frühen Hinscheiden Franz Kugler's folgt hiemit endlich ein letzter Band zu seiner »Geschichte der Baukunst«; eine Zögerung, welche sich wohl schon entschuldigen liesse durch die Sorgen und Bedenken, die sich an die Vollendung eines so imposanten Werkes wie dasjenige Kugler's knüpfen mussten. Dazu hat die Behandlung der Epoche, mit welcher wir es zu thun hatten, ihre besondere Schwierigkeit darin, dass für dieselbe nur vereinzelte Vorarbeiten vorhanden sind, indem die Kunstgeschichte diese Partien bis vor Kurzem theils mit Gleichgültigkeit, theils gar mit Geringschätzung übersehen zu dürfen glaubte. Die moderne Architektur, wie sie seit dem XV. Jahrhundert sich entwickelt hat, wird meistentheils heute noch mit derselben Nichtachtung, behandelt, welche ehemals, als die antike Kunst ausschliesslich die Geister erfüllte, die Werke des Mittelalters traf. Daher kommt es, dass der Bearbeiter dieser Epoche die Materialien, aus denen er seinen Bau aufführen soll, zum guten Theil mit eigenen Händen brechen, zubereiten und herbeitragen muss.

Wir haben uns nun so in die Arbeit getheilt, dass der eine von uns (J. B.) die Darstellung der Architektur und Decoration der italienischen Renaissance, der andere (W. L.) die Geschichte der ausseritalienischen Renaissance und des gesammten Bauschaffens der spätern Epochen liefert. Der erste Theil liess sich nur in systematischer Anordnung so behandeln, dass die planvoll bewusste Entwicklung der Kunst durch anderthalb Jahrhunderte

hindurch zu einem durchaus neuen, consequenten Styl dem Leser klar gemacht wurde. Für den zweiten Theil dagegen tritt die geschichtliche Anordnung in ihr Recht, denn die übrigen Länder empfingen stossweise von Italien aus Anregungen, die sie mit den Ueberlieferungen der eigenen Kunst- und Lebensgewohnheiten zu einer vielfach anziehenden, wenngleich nichts weniger als einheitlich durchgebildeten Bauweise verschmolzen.

Ausserdem hat der eine Mitarbeiter (W. L.) auch den ersten Theil durchgesehen, einzelne Nachträge hinzugefügt und die sämmtlichen Illustrationen des ganzen Werkes besorgt. Für diese war nur zum Theil auf die bekannten, meist von französischen Architekten herrührenden Publicationen zurückzugreifen. Vielmehr musste nach Kräften Neues, womöglich Unedirtes oder ungenügend Veröffentlichtes geboten werden. Durch bereitwilliges Entgegenkommen befreundeter Architekten, namentlich der Herren Julius Stadler und Georg Lasius in Zürich, gelang diess in erfreulicher Weise. Eine ebenfalls mit schönem Erfolg benützte Quelle waren die nachgelassenen Zeichnungen des leider früh verstorbenen Max Nohl, welche durch die Familie freundlich zur Verfügung gestellt worden sind. Einiges, wenngleich nur in flüchtigen Reiseskizzen, konnte aus eigenen italienischen Tagebüchern hinzugefügt werden. (W. L.) Für die Uebertragung der Zeichnungen auf den Holzstock wurde Herr Baldinger, Architekt aus Zurzach, jetzt in Stuttgart, gewonnen, 'der Manches ganz neu nach Photographieen oder Abgüssen gezeichnet hat; eine schon mehrmals bewährte Kraft. Auf diese Weise hat der Text sich mit einer Anzahl von Abbildungen schmücken können, die durch den Gegenstand sowohl als durch das liebevolle Verständniss der Ausführung einen originalen Werth behaupten dürften. Sämmtlichen Künstlern, die sich um diesen Theil des Werkes verdient gemacht haben, namentlich auch den tüchtigen Xylographen, sprechen wir dafür unsern aufrichtigen Dank aus.

W. Lübke.

J. Burckhardt.

Vorwort.

Bei Bearbeitung der französischen Renaissance musste ich aus naheliegenden Gründen die systematische Behandlung, welche Jacob Burckhardt der Renaissance Italiens hat angedeihen lassen, aufgeben und zur historischen Darstellung zurückkehren. Frankreich hat in seiner Renaissance nicht wie Italien aus dem Volksgeiste heraus eine Gesammtkunst geschaffen, in welcher das ganze Leben seinen verklärten Ausdruck findet, sondern auf äusseren Anstoss hin, veranlasst durch seine Fürsten, inmitten einer noch mittelalterlich empfindenden Welt und vielfach durchkreuzt, ja beirrt von gothischen Ueberlieferungen, eine Architektur hervorgebracht, die fast ausschliesslich am Profanbau, und zwar in erster Linie an den Schlössern der Könige und des Adels zur Geltung kommt. Wird dadurch die Richtung der französischen Baukunst einseitiger, ihre Ausprägung unendlich mannichfaltig, so gewinnt sie zugleich für den Historiker wie für den praktischen Architekten einen besonderen Werth. Jener wird mit Interesse der scharf gezeichneten Bewegungslinie nachspüren, in welcher sich aus einem Spiel subjektiver Laune und Willkür allmählich Einfachheit, Klarheit und Anmuth eines neuen, durchaus eigenthümlichen Styles entwickeln. Dieser wird nicht ohne Belehrung beobachten, wie eine noch wahrhaft schöpferische Zeit durch den Genius ächter Künstler es verstanden hat, den antiken Formenkanon und die Einwirkung der italienischen Kunst zu einer bei alldem originellen, nationalen Architektur umzuprägen. National in dem einzigen bei der Baukunst zulässigen Sinne, dass sie den Gewohnheiten und Anschauungen des einzelnen Volkes in einer bestimmten Epoche zu einem künstlerisch entsprechenden Gepräge verhilft. Denn die Einzelformen sind über alle nationalen Schranken hinaus als Ausdruck ewig gültiger Gesetze und Verhältnisse Allgemeingut der Menschheit. Dass

ausserdem eine Zeit wie die unsere, deren eigentliche architektonische Aufgaben auf dem Gebiete des Profanbaues liegen, aus den französischen Renaissancebauten, die für verwandte Bedürfnisse und unter ähnlichen klimatischen Verhältnissen geschaffen wurden. Manches lernen kann, versteht sich von selbst.

In der Darstellung habe ich, da das Beschreibende nothwendig dabei überwiegen musste, mich bemüht, so kurz und so klar, so genau und so anschaulich wie irgend möglich zu verfahren. Gleichwohl fühle ich, dass ohne bildliche Darstellung mein Zweck nur mangelhaft erreicht werden kann. Eine Reihe bezeichnender Illustrationen, grösstentheils von Herrn Architekt Baldinger auf den Holzstock übertragen, ist desshalb hinzugefügt worden, Einiges darunter ganz neu nach Photographieen, Anderes nach gütig mir überlassenen Reiseskizzen meines Freundes G. Lasius ausgeführt. Die Verlagshandlung hat meinen Wünschen dabei wie immer in dankenswerther Liberalität Rechnung getragen. Im Uebrigen verweise ich auf die zahlreichen, werthvollen Publicationen französischer Architekten und Stecher seit du Cerceau bis auf die neueste Zeit, besonders noch auf die neuerdings durch M. Destailleur begonnene neue Ausgabe von du Cerceau's bekanntem Hauptwerk. (Paris A. Lévy.)

Da meine Darstellung der erste Versuch einer selbständigen, erschöpfenden Behandlung dieses Gegenstandes ist, so wird eine billig abwägende Kritik diess gewiss mit in Anschlag bringen. Hoffentlich wird sie weder gewissenhaftes Studium, noch das ernste Streben nach objectiver Würdigung des Kunstwerthes der geschilderten Werke vermissen. Der heutigen Architektengeneration ist aber, so dünkt mich, das gründliche Studium der Renaissance vor Allem desshalb ans Herz zu legen, weil wir gerade aus den Schöpfungen jener Epoche lernen können, wie eine über den blossen Eklekticismus hinausreichende Architektur mit hoher Freiheit die Summe klassischer Formüberlieferung nur dazu verwendet, um dem geistigen Wesen und den praktischen Bedürfnissen der eigenen Zeit und des eigenen Volkes das wohlangepasste, ausdrucksvolle Kleid zu schaffen.

W. Lübke.

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