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Für die Fahrt nach Zürich mußte der Doppeltarif erlegt werden. Mit Noth und Mühe konnte ich in Eglisa u einer schmalen Brotschnitte und eines Glas ses Wein Herr werden. Einer der kriegerischen Gäste begehrte Limburger Käse mit dem ungestümen Bes drohen, den Wirth sein spanisches Rohr fühlen zu Lassen, falls er nicht sogleich das verlangte Nahrungsmittel herbenschaffen würde. Dieser brachte, mit eis ner Gemüthsruhe, die nothwendig Vertrauen einflőfen mußte, den leßten Rest von Schweizerkäse, welcher ihm noch zu Gebothe stand, worauf der Kriegsmann bey allen Höllengeistern schwur, man könne nirgends den Limburger Käse vortrefflicher zu sich nehmen, als in der Schweiz. Auf ähnliche Weise hatte Tages zus vor gemeiner Landwein den edlen Burgunder mit befem Erfolge repräsentirt.

Das Hauptquartier der Erzherzogs Carl befand fich im Dorfe Kloten, wo wir einige Minuten Halt machten, um die Pferde zu erfrischen. Bey dies fer Gelegenheit war ich so glücklich, den Schußhelden Deutschlands von Angesicht zu sehen. Seine Phyfiognomie, woraus Biedersinn und Festigkeit hervor leuchten, trägt jenes scharfmarkirte Familiengepräge unverkennbar an sich, wodurch das Erzhaus Österreich sich so charakteristisch bezeichnet. Vor kurzem sprach er zu dem, übrigens von ihm hochgeschäßten und unter den Lorbern ergrauten General Hoge, in einem Anfalle von bitterem Unmuth über so manches vers meidbare Fehlschlagen: „Sie haben in Zürich bloß Ihrer Bequemlichkeit pflegen wollen. Nur noch zwey Dörfer hätten genommen werden müssen, und es

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wäre die Schweiz von den Franzosen befreyt gewesen." Erfahrne Tactiker haben die Berechnung des Erzherzogs für vollkommen richtig erklärt.

In Zürich, das jeden Augenblick durch den furchtbaren Zusammenstoß von drey Kriegsbeeren zerdrückt werden konnte, wie durch Lavinensturz eine Sennhütte, herrschte die unbesorgteste Ruhe, und alles bewegte sich im gewohnten Gleise friedlich fort.

Dießseits der Limmat campirten die Heere der Österreicher und Russen, und jenseits auf dem Albis und Uetli hatten Frankreichs Legionen, deren zahlreiche Wachtfeuer bey einbrechender Dunkelheit einen großen und herrlichen Anblick gewährten, ihre weitüberschauenden Feldlager aufgeschlagen.

Als ich im Hause meines Freundes Füßli ankam, und, mit bangem Vorgefühle, schon darauf gefaßt war, die ganze Familie in ängstlicher Bestürzung an, zutreffen, wegen der Dinge, so zu kommen drohten, befand sich nur ein Mitglied derselben daheim.

„Der Papa," so vernahm ich nun, ist in seiner Wochengesellschaft, die Mama in ihrem Abendkränz= chen, und die Schwestern sind zum Tanze."

"So recht!" nahm ich das Wort, das heißt mir echte Philosophie des Lebens, gerade in den Augenblicken sich angenehmer Zerstreuung zu überlassen, wo man ihrer am nöthigsten bedarf, und sie am bes ften gebrauchen kann, anstatt grämlich den Kopf zu senken, und müßig die Hände vor sich hinzulegen."

Indem ich noch so redete, erschienen die Freunde, wie sie mir seit Jahren stets erschienen waren, wohle gemuth und heiter. Sie begrüßten den treuen Bug

vogel, dessen Flug weder Sturm noch Ungewitter zu hemmen vermocht hatten, mit jener altschweizeris sen Herzlichkeit, die von keinem gehaltlosen Worts prunk etwas weiß, sondern im Thun, Ausüben und Vollbringen allein ihr wahres Element findet. Wir feyerten das Wiedersehen so fröhlich und wonnereich, als wären Massena und seine Mitfeldherren auf dem nahen Gebirgsrücken plöglich zu arcadischen Schäfern, und ihre wilden Reisigen zu duldsamen Wollens thieren geworden.

Die Leiden und Abmarterungen seiner henkerwürdigen Deportation hatten L a v ater so entstellt und erschöpft, daß ich nur in einigen unzerstörbaren Grundzügen der leichenblassen Schattengestalt mit Mühe den Lavater wieder erkannte, der, noch vor sechs Jahren, mir als ein rüstig einherschreitender Mann, voll Feuergeist und Lebenslust erschienen war. Hier hätte man annehmen mögen, daß die Natur, durch Gott selbst vorbestimmt, niemahls in reschen Sprüngen, sondern stets in allmählichen Übergängen zu wirken, sich wenigstens dießmahl vom alten Urgeseße losgesprochen habe.

Im Hohlwege von Eglisan wurde mein Postillon von einem Kosaken grimmig mit eingelegter Picke be droht, weil er ihm nicht auszuweichen gemeint war. Als jener aber den Mantel zurückschlug, und auf dem Ärmel des gelben Ordonanzkittels den doppelköpfigen Adler mit den Worten zeigte: „Nun stoß zu, wenn du das Herz hast!" wich der Kosak mit einer Miene zurück, worin Ehrerbietigkeit und Aberglaube zusammenschmolzen.

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Um den Donauquell kennen zu lernen, nahm ich den Rückweg nach Stuttgart über Donaueschingen. Aber es ward meiner Phantaste gar schlechte Befriedigung jener Neugierde, die Büfching in den Schuljahren ihr schon einflößte. Indeß verhalf mir der Anblick des durch Mauern ängste lich eingezwängten Brünnlens, in Vergleichung mit den jugendkraftigen Ursprüngen des Rheins, doch zu der einfachen Betrachtung, daß es weit wünschens= werther sey, anspruchslos die Bahn anzutreten und königlich sie zu vollenden, gleich der Douau, als erst glorreich weite Länder zu durchherrschen, und am Schlusse ruhmlos im Sande sich zu verschlürfen, gleich dem Rheine.

Wohl dem Helden der Weltgeschichte, dessen Lauf bis zum Ziele dem Laufe der Donau gleicht!

Kurz nach meiner Widerankunft in Stuttgart ward ich von der Fürstin beauftragt, die Zurüstungen zu einem neuen Ortswechsel auf das eiligste zu betrei ben. Herandrohende Kriegsunruhen, welche Würteme berg in Gefahr sehten, erlaubten ihr nicht, dem anfangs gehegten Vorsaße gemäß, in diesem schönen Lande, wo Ceres, Bacchus und Pomona sich des einträchtigsten Bundes erfreuen, die verordnete Traus bencur zu gebrauchen. Ihre Wahl zu diesem heilsamen Zwecke traf das italienische Tyrol, und ungesäumt sollte nun dahin die Eilfahrt angetreten werden.

In so schnellen Tagereisen, als hätt es gegolten, nachstürmenden Feinden zu entkommen, trafen wir, über Ulm, Augsburg, Kaufbeuern, Füß‹ sen, Nassareit und Zirl zu Innsbruck ein,

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und wohnten im goldnen Adler, welcher Gasthof mir durch die erste Bekanntschaft mit Wolkenstein, dem treuesten und liebevollsten meiner Freunde, in der Folge werth und wichtig wurde.

Die Lage dieser heitern Stadt, hart am grünlichen Innsrom, der mit jugendlichem Ungestüm vor= überbraust, im Schooße wilder und abenteuerlicher Gebirgsformen, muß auch den Blick des Reisenden, der ganz Europa durchzog, in ihrem großen, feyerlichen und hochromantischen Charakter, lebhaft überraschen und mächtig festhalten. Es liegt ein eigener Zauber darüber verbreitet, wozu wohl der Umstand auch etwas beytragen mag, daß uns Italiens Nähe schon umwittert.

Heuduft athmen die Winde des Abends empor von den Triften;

über den Alpen Tyrols leuchtet der silberne Mond. Feyernd verstummen die Thäler, nur dumpfig am Fels sengestade

Brausen des reißenden Inns grünliche Fluthen vorbey. Sey mir gesegnet, o Friede, der von den helvetischen Alpen

Und vom lemanischen See trauernd sein Antlik gewandt! Heilig sey jeho dem Wandrer das Land, wo mit Ähren und Weinlaub

Deinen goldnen Altar sicher die Hore noch krängt, Wo der Vergangenheit Bilder im Nebel der Ferne ver dämmern,

Und nur die Gegenwart ihm treu an den Busen sich schmiegt.

Ich erfreute mich zu Innsbruck der Bekannts schaft eines eben so talentvollen als liebenswerthen Jünglings, des Freyherrn von Hormayr. Indem

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