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liche Liebe, womit ich eine Sammlung solcher wichtis gen Monumente, aus der blühendßten Periode der griechischen Kunst, in Rom und Neapel zusam men brachte, beherrschte mich noch in voller Leben. digkeit. Nichts konnte daher wohl natürlicher seyn, als der brennende Wunsch, das meinem bezauberten Auge über alles köstlich erscheinende Kleinod mein Eigenthum zu nennen. In diesem kritischen Momente stieg der Dämon der Versuchung durch einen Kaminschlot herab, trat in der grotesken Gefalt von le Sage's Hinketeufel keck und munter vor mich hin, und sprach die verführerischen Worte; „Ergreif dein Glück ungesäumt. Kein überlästiger Aufseher lanerr in der Nähe. Die Gefährten blasen in der BücherHalle den Staub von angeräucherten Pergamentrollen. Befreye du dagegen diese schöne Griechinn vom entehrenden Staube, und geselle sie zu den würdigen Gespielen, die du den Gestaden der heimathlichen Elbe zuführst. Auf! strecke muthig die Hand, bevor die freundliche Gelegenheit dir den kahlen Hinterkopf zuwendet. Siehe! das Krüglein hat bequemes Taschen= format." Kaum hatte der arglistige Sohn der Finsterniß dieses gesprochen, als ein unsichtbares Wesen, in welchem sogleich mein abnender Sinn den Genius der Freundschaft erkannte mir mit Agathons, des Treuen und Redlichen, Stimme jenen uralten Spruch des Decalogus ins Ohr flüsterte, welcher den Kindern der Natur in der Südsee, bisher, unter allen Völkern der Erde, immer noch am wenigsten zu Sinne wollte. Gleich einer mächtigen Bannform el wirkte der uralte Spruch; denn im nähmlichen Augen=

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blicke war Asmodi, wie ein luftiges Traumbild, vers schwunden. So wurde der erhabenen Republik Venedig ein Kunstwerk gerettet, und mein innerer Himmel vor einer Wolke bewahrt, die am Ende doch nur melancholische Schatten auf die heitere Vasenernte von Rom und Neapel für immer hätte werfen müssen.

Mit einbrechender Dämmerung trat jeden Abend, in der Nachbarschaft unsers Gasthofes, eine weibliche Gestalt, welche Bellini als Modell zur jungfräu lichsten seiner Madonnen gewiß nicht verschmäht haben. würde, mit edlem und mädchenhaften Anstande auf den Balcon, zündete das Lämpchen unter dem Bilde des heiligen Marcus an, fütterte Canarienvögel, die in zierlichen Käfigen umberhingen, begoß blühende Orans gen- und Granatbäume, seßte sich dann, wie zum Ausrasten, wenn des Tages Noth und Mühen vorüber find, auf eine feuerfarbne Ottomanne, und sang mit Nachtigalltönen ein Zauberliedchen von Sarti oder Cimarosa, nach dessen Endigung sie aber gewöhnlich den Schauplah verließ, ohne vor der Hand wieder aufz zutreten. Diese strenge Regelmäßigkeit in der Abends ordnung hatte mir so viel Befremdendes, daß ich nicht umhin konnte, den Kellner über das Thun und Wesen der schönen Sängerinn auszufragen. Diese war so sittsam, ja beynahe so vestalenhaft gekleidet, und offenbarte in Haltung und Manieren so bescheidene Zucht und rus hige Würde, daß mich die Kunde doppelt und drey. fach unfreundlich überraschte, die Dame gehöre zum leichtfertigen Orden der Antivestalinnen. Wie der Schein doch oft so bitter täuschen kann! Mit Freuden

würd' ich, im Falle der Möglichkeit, meine vorschnelle Frage zurückerkauft haben, um ein Gemahlde rein und unentweiht in der Phantasie zu erhalten, das im Ganzen und Einzelnen gleich anziehend und liebs lich war! Man bat aber diese fein berechnende und geschmackvoll ordnende Sirene, wie der Augenschein lehrt, keineswegs dem Geschlechte der in Spelunken haufenden Lacerten beyzuzählen, die wir in Göthe's geistvollen Epigrammen über Venedig nach dem Leben abgebildet finden.

Die schöne Reise durch Hesperiens Göttergefilde mit einem stürmischen und lebensbedrohenden Seeabenteuer zu vollenden, das kann manchem, ruheselis gen Stubenhüther vielleicht höchst mißbehaglich und wohl gar tragisch vorkommen. Mir hingegen erschien die Sache von einer mehr erfreuenden, als von einer bekümmernden Seite; denn der Wechsel beglückte ja schon unter Adams Bäumen des Menschen Herz, und je mannigfacheres Treiben und Beginnen, Zufall oder Nothwendigkeit in den Lebensgang verweben, je hös her wird am Schlusse sich die Meilenzahl desselben bes Taufen.

Es ward eine Tartane gemiethet, um durch den ersten günstigen Wind uns nach Triest führen zu laffen. Dieser trat kurz nach abgeschlossenem Handel wirklich ein, und unter ganz leidlichen Vorbedeutungen verließen wir die Lagunen. Uber auch dießmahl follte das adriatische Meer seine, schon durch Horazens Muse zur unehrenhaften Celebrität beförderte Heimtücke nicht verläugnen; denn kaum war der Ene gel auf der Spiße des Marcusthurms am Horizonte

verschwunden, als der frische Segelwind sich plöglich in einen wüthenden Orkan verwandelte, wodurch das hart bedrängte Fahrzeug in die erste Bucht einzukeh= ren genöthigt wurde, welche sich ihm hülfreich darboth. Auf den Frieden des empörten Elementes harrend, verstrichen uns hier drey der langweiligsten Tage, umringt von vegetationslosen, halb versumpften, halb verfanderen Wüsten, wo die häufig an das Ulfer gespülte Rückenschulpe des Blackfisches, werthlose Schneckenhäuser und gemeiner Seetang die anziehendsten Gegenstände der organischen Schöpfung ausmache ten. Bey dieser Verwandlung der Scene war uns zu Muthe, als hätten wir den gewaltigen Sprung aus den Gärten der Alcina auf eine Steppe von Sibirien ge= than, oder, wenn es anders erlaubt ist, bey so verzeihlichem Unmuthe ein wenig stark aufzutragen, als wäre die Polarität unserer Gemüthswelt plößlich umgekehrt worden. Von Baum, Strauch oder Blume, weder nahe noch fern, auch nicht einmahl der Schatten einer Spur! Halcyonische Tage waren unser stündliches Flehen; aber zürnend verhängte Poseidon, daß erst beym Erwachen der vierten Morgenröthe in dies fer gräßlichen Einöde der schweren Geduldprüfung zwar ein Ende, aber ein sehr unbefriedigendes bereiz tet werden sollte, nähmlich durch den Ausruf der Schiffer, wie mit Einer Stimme: Günstiger Wind! aber nicht für Triest, sondern für Benedig.

Nun galt es ohne Verstellung der Geberde, mit gefeßte.n und würdevollem Anstande der Nothwendigkeit sich zu fügen. Von dem vorgesteckten Ziele durch einen harten Gegenschlag zurückgeworfen, sahen wir

uns gezwungen, unvollführter Sache dem nähmlichen Hafen wieder entgegen zu steuern, aus welchem vor wenigen Tagen wir hoffnungsreich und vertrauend in See stachen. Da dieser widerwärtige Fall, bildlich und buchstäblich, bis zur Unglaublichkeit oft im Leben vors kommt, so ließ es kein Mitglied der kleinen Reisege= sellschaft sich einfallen, hierüber mit dem Schicksale zu hadern, sondern jedem schien es vielmehr heilige Pflicht, ihm Dankopfer dafür zu weihen, daß wir dem ungeheuersten aller Gräber wohlbehalten entron

nen waren.

10.

Triest, Juny 1796. Bey der nothgedrungenen Wiedereinkehr in den Scudo di Francia zu Venedig, konnten wir uns des Umstandes wegen einer kurzen Mißlaune nicht erwehren, daß der Kellner, ein schwerfälliger deutscher Spaßvogel, über das Mißgeschick ehrenwerther Landsleute weder Theilnahme noch Erstaunen an den Tag zu legen für gut fand. Der Bursche meinte, das Wiederkommen aller Fremden, welche den Landweg nach Triest verschmähten, sey ganz der Ordnung gemäß, und in diesem Betracht habe er auch, während wir die Spazierfahrt gemacht hätten, unsere Zimmer Elüglich vacant erhalten.

Der verschmähte Landweg wurde nun von Me= tre aus unverzüglich eingeschlagen. In Treviso verweilten wir einige Augenblicke vor einem Gemählde von Sebastiano del Piombo, welches durch manchen Kennerspruch schon längst für das vorzüglich

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