Imágenes de página
PDF
ePub

ww 45 ww

so schnell sie auch herüber und hinüber kreuzen, dennoch, wie die Globen im ungemeßnen Raum, einander niemahls berühren. Ungeachtet des oft pfeilgeschwinden Verfolgens ihrer Bahn, hat man doch kaum ein Beys spiel vom Zusammenstoße zweyer Gondeln, und so verdient allerdings die ungemeine Gewandtheit der Führer von Rechts wegen ihren weitverbreiteten Eh. renruf.

Unser Gondolier, Rahmens Marco, war ein stattlicher, und, so weit wir ihn zu erforschen Gelegenheit hatten, auch ein rechtlicher Mann, der, vermöge seiner athletischen Stärke und seines kolcssalen Wuchses, mehr dazu berufen schien, Wilhelm Tell's Bogen zu spannen, oder an dessen Ruder im Sturme zu herrschen, als neugierigen Reisenden, während dem Hingleiten auf ruhigem Gewässer, Stan= zen aus dem Tasso vorzusingen, deren er, wie die meisten seiner Zunftgenossen, eine Menge auswendig weiß. Olinds und Sophroniens Todesnoth und Rettung trug er in so tiefen, kräftigen und reinen. Baßtönen vor, daß jede Theaterdirection sich Glück wünschen dürfte, ein solches Kernorgan für ihre Zwecke zu gewinnen. Marco wäre gewiß, unter angemess senen Umständen, ein eben so wackerer Opernsänger, als braver Kriegsmann geworden. Er schien indeß mit feinem Schicksale in der besten Harmonie zu leben, und es mochte wohl zu den seltnen Fällen gehören, Wolken des Unmuths oder der Sorge bis zu seiner heitern Stien sich versteigen zu sehen. Der Zufall wollte, daß einer dieser seltenen Fälle gerade im Laus fe meiner kurzen Bekanntschaft mit Marco eintreten

mußte. Nach zweyjährigem Krankenlager war ihm ein Bruder zu Palermo gestorben, der allda durch günstige Verheirathung zum Besiße eines Kramladens gelangt war. Nicht aber der Todesfall selber, da ohnehin ja das Bild des Abgeschiedenen, den er als Knabe zum leßten Mahle gesehen hatte, längst in seinem Herzen erloschen sern mußte, nein! die Vorstellung eines ähnlichen Siechthums, das, nach den Gefeßen des ewigen Wechsels alles Guten und Bösen in der Menschenweit, dereinst auch ihn auf die Streu werfen könnte, verbreitete das Gewölk des Trübsinns über seine Stitn. Solches offenbarte der Wunsch, den er bey diesem Anlasse laut werden ließ: In der Fülle des Wohlseyns plöglich vom Leben zu scheiden. Ein wahrer Ehrenmann, meinte Marco, müsse sein Schiff immer so bestellt haben, als gält' es, die Anker im nächsten Augenblicke zu lichten.

So oft ich diesen menschlichsten aller irdischen Wünsche auch schon las oder hörte, und so oft, selbst in den freundlichsten Verhältnissen und bey den hei= tersten Ansichten der Gegenwart, wie der Vergangen: heit, er sich auch schon durch mein Inneres bewegte, so hätte dennoch seine Wiederhohlung mir nirgends unerwarteter kommen können, als auf den Lagunen von Benedig, in der schlichten und ungezierten Mundart eines Gondelführers, der weder Cäsar's noch Cato's Leben im Plutarch gelesen hatte; und eben deßwegen drückte dieser menschlichste aller irdischen Wünsche sich mir nicht weniger tief und bleibend ein, wie dem reisenden Dichter Regnard die füße Mus fiE seiner Muttersprache in der Kupfergrube Schwes

[ocr errors]
[ocr errors][merged small][ocr errors]

dens, wo er von zwey Bergleuten als Landsmann begrüßt wurde.

Die vier antiken Pferde von Bronce, über dem Hauptportale der Marcuskirche, müssen einst in Rom, auf den Triumphbogen Augusts, Domitions und Trajans, welchen sie nach und nach zur Zierde dienten, und in Constantinopel als Verschönerung der großen Rennbahn, woraus die Venetianer dieselben als Trophäen wegführten, sich vortrefflich dargestellt baben! Von der beträchtlichen Höhe, zu der sie, ges gen alle Vorschriften der Perspectiv, hier emporges hoben wurden, fallen diese Kunstwerke gegenwärtig nichts weniger als vortheilhaft in die Augen, wozu der wunderliche Rahmen maurisch - gothischer Architectur, welcher ihnen zur Einfassung dient, auch wohl bedeutend mitwirken mag. Der Standpunct, aus dem wir die behren Denkmähler, welche schon Petrar ca zu den unschägbaren Überbleibseln der alten Bild. neren zählte, nun zu betrachten genöthiget sind, erz laubt uns auf keine Weise, weder ihren artistischen Werth richtig zu würdigen, noch ihren ästhetischen Charakter befriedigend aufzufassen. Wenn unser Wins kelmann diese Pferde für die schönsten erklärte, welche die Zeit uns aus dem Alterthume unzerstört übrig ließ, so waren in der Minute, wo er ein solches Urtheil niederschrieb, schwerlich die Riesenrosse auf Mo n= tecavallo und Marc Aurels lebenathmendes Thier, dem der lobkarge Michael Angelo von der Stelle zu geben geboch, seiner erhöhten Einbils dungskraft gegenwärtig.

Die beyden Marmorlöwen am Eingange des Ar

senals, die vorgeblich vom Hafen von Athen, ebens falls unter dem Titel glorreicer Siegesõeuten, hieher verseßt wurden, haben dem scharfen Contraste, worin sie mit ihrem Nachbar, einem roh und plump ges meißelten Marcuslöwen gestellt sind, weit höhere Schäßung zu verdanken, als ihnen, bey unbefange nem Blicke,. init Rechte zukommt. Aber denken wir uns an ihre Seite den Löwen im Pallaste Barbes rini oder die ägyptischen Hüther des Aufganges zum Capitol, so deutet offenbar die Epoche ihrer Vers fertigung schon auf merklichen Verfall der bildenden. Kunst. Die sigende Figur hat, besonders in der Bes handlung des Gesichtsausdrucks und der Formen, entschiedene Vorzüge vor der liegenden, an der sich überdem noch ein Theil des Kopfes ungeschickt er gänzt findet.

Bey der, in Vergleichung mit den Marmorn, fehr geringen Anzahl von Broncen, die, aus den Werkstätten der Griechen und Römer, unversehrt bis auf uns gelangten, muß im Pallaste Nani der Thefeuskopf, dem, ohne Widerspruch, eine der Oberstellen unter den antiken Gußwerken gebührt, von reisenden Dilettanten oder Artisten ja nicht übergan= gen werden. Das Museum Na ni gilt überhaupt in Benedig für eins der wichtigsten Institute dieser Art, wegen des reichen Schases von ägyptischen und griechischen Alterthümern, wie auch von arabischen, persschen und anderen morgenländischen Handschriften, den der gelehrte und liberale Besißer darin zusammen. ordnete, und auf dessen Vermehrung er immer noch mit lobenswerthem Eifer bedacht ist.

Gleiche Aufmerksamkeit, wie die eben genannte Büste des Theseus, verdient, aus gleicher Ursache, die Statue des Marcus Agrippa im Pallaste Grimani, als die einzige, so von diesem hochherzigen Krieger und geschmackvollen Verschönerer des alten Roms noch vorhanden blieb, und von welcher man bedauern muß, daß Agrippa's herrlichstes Eh: rendenkmahl, das Pantheon, als ihr angemessenster Standort, sie nicht aufbewahrt. Auch kommen im Pallaffè Grimani auf einer Ara zweŋ merkwürdige Basreliefs vor, wovon das eine Priaps Geburt und das andere dieses Gottes Verehrung darstellt. Venus wendet beschämt ihr Gesicht vom neugebornen Priap, wegen einer ungewohnten Erscheinung, die den bes rüchtigten Cultus von Lampsakos vorbedeutend ankündigt, und jedem Vertrauten der Sprache Lucians, durch eines zuchtlosen Ritters Nahmen in Wieland's Idris, zur Genüge bezeichnet wird.

In einem Seitencabinete der Marcusbibliothek, wo mehrere antike Sculpturwerke, unter andern eine tragische Muse und ein Basrelief mit den Mythen der Ceres, vernachlässigt und unordentlich durch einander gestellt sind, erfreute mich der Anblick einer altgrie chischen, etwa sechs Zoll hohen Vase um so lebhafter, ie weniger ich an diesem Orte desselben gewärtig war. Durch die ausnehmende Zierlichkeit der Form, dent weichen Glanz des Schmelzes und die hohe Schönheit des darauf, Braun in Schwarz, abgebildeten Frauen= profils, gehörte dieß kleine Gefäß zu den bewundernswerthesten, die mir in den gesammten Museen Itas liens bis dahin vorgekommen waren. Die leidenschafts Matth. Werke. 7. B.

« AnteriorContinuar »