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Us Neujahrsangebinde von glücklicher Vorbedeutung erhielt ich ein Schreiben aus dem Elisium der Hierischen Inseln von meinem Pylades Bonstetten, der eben so wenig, wie der ihm treuergebene Orest e §, des Reiselebens entrathen zu können scheint. Desto beffer! denn auf diesem Wege nur geht allseitig in Erfüllung, was Yorik sagt: Wie viel kann der Mensch mit seiner kurzen Lebensspanne umfassen, der Kopf und Herz an allem Theil nehmen läßt, und feine Hände an alles legt, woran er sie mit Ehren legen darf!"

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„Übrigens ließ Bonstetten schon längst seinen Genius durch meisterhafte Sitten- und Culturgemählde aus der Schweiz, Dänemark und Italien die unverdächtigsten und unangefochtensten Urkunden aufstellen, vermöge welcher wir ihn der Classe aller preiss werthen Reisenden beyzuordnen befugt sind, welche sich vom trägen und untheilnehmenden Smelfungus, und vom unitäten und flüchtigen Wanderer des More genlantes immer in gleichweiter Entfernung halten.

„Wir machen Tag für Tag," ́erzählt mir der jugendlich Lebensfrohe, „Promenaden zu Esel, an welchen, wie Du aus eigener Erfahrung weißt, hier zu Lande eben so wenig, wie zu Rom, kein Sterbs licher ein Ärgerniß nimmt, hinschwebend in Olivens schatten, über lieblichen Blumen und wohlriechenden Kräutern. Das Klima von Hieres ist mild, wie unter ionischem Himmel. Selbst die Decemberabende sind lauwarm. Aus unserem Fenster erblicken wir, über Orangengärten und Lorberwäldern, das prachtvoll herglänzende Meer mit seinen Zauberinseln. Auf meinen einsamen Fußwanderungen ist mir immer zu Muthe, als müßten Scipionen und Catone aus jedem Gebüsch hervortreten. So mächtig wirkt das alte Mittelmeer noch fortwährend auf die Fantasie Deines Freundes."

2.

Auch im Februar, diesem rauhen und frostigen Monath des nordischen Eishimmels, stahl sich ein milder Sonnenstrahl des Frühlings aus dem glückseligen Süden durch die melancholischen Fichtenwipfel von Wörlig. Bonstetten verkündete mir die Wonne, womit er wieder in die geliebte Tiberstadt einzog, um die heitersten Scenen seines Jünglingslebens mit Jünglingswonne noch ein Mahl zu begrüßen.

„Ungeheure Gemählde, so groß wie Schweizercantone," heißt es am Schlusse der humoristischen, von Frohsinn überströmenden Epistel, „hängen zwis schen den Pilastern der Peterskirche. Troß aller Vols taires, werden auf einem derselben zwey Keger in

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der Pfanne gebraten. Ruhiger und verschönter als je, erschien mir dieß Mahl das ehrwürdige Rom. Überall wird gemauert, gepußt, gescheuert, gefegt und aufgegraben. Ponte molle, den Einsturz drohend, erhob sich neu. Das Coliseum hieß man von allem verunzierenden und fugensprengenden Gesträuch er lösen. Die halbverschütteten Triumphbogen sind freygegraben, und so zu hübschen Bärenbehältern geworden, wo nur die Bären meiner guten Vaterstadt fehlen. Nach und nach werden auch die Kirchen repa= rirt, und neue Mönche kriechen, wie junge Mause, wieder aus allen heiligen Schlupfwinkeln hervor. Ich habe gestern die Auslegung einer Horazischen Stelle gefunden. Abends um neun Uhr sah ich auf der Piazza Navona bey Mondschein das Gemüse auskramen, und siehe da! es ward ein ordentlicher Gemüsemarkt gehalten, zu so ungewöhnlicher Stunde für den Nordländer, wegen der Wärme des Tages, sogar schon manchmaht um diese Jahreszeit. Erinnerst Du Dich, wenn Horaz am Abend herumwandelt, und nach dem Preise des Salats fragt? Das war so ein Nachtmarkt! Gestern war es ganz das Nähmliche; nur ́erschien kein Horaj.”

: 3.

Um sein schönes, bis jezt einzig durch eigenes Unordnen und Betreiben geleitetes Bauwesen würdig zu krönen, beschloß der Fürst, den sålten; häßlichen Kirchthurm von Wörlig, welcher eine der anmuthige sten Landschaften Deutschlands bisher fast aus jedem Puncte verunstaltete, samint seiner Kirche, worán

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schon seit mehr als einem Jahrhunderte Dach und Fah baufällig, vermorscht und gebrechlich waren, auf eine Weise zu restauriren, daß das wiedergeborne Ger bäude, wie sich nach den Rissen mit Sicherheit vor ausbestimmen läßt, für eine ganz neue Schöpfung, im zierlichsten Style, aus der maurisch-gothischen Kunstepoche wird gelten können.

Schwerlich haben jemahls große Dichter mit höherem Interesse an Epopeen oder Tragödien gearbeis tet, als der geschmackvolle Fürst von Anhalt-Des sau durch Vorwalten und Mitwirken jedes Mahl an den Tag legt, wenn er als Baumeister auftritt.

Stunden lang, in Sonnengluth und Schlackerwetter, sehen wir ihn unter seinen Werkleuten, nict nur das Commando führen, sondern auch selbst kräftig mit angreifen, wo es gilt. Da darf man denn immer zuverlässig behaupten, daß er beynahe jeden Stein les gen hilft, und alles, was auf die Haltbarkeit und Solidität einer jeden Parthie des Gebäudes nur den entferntesten Bezug hat, mit nie ermangelnder Uns fehlbarkeit berechnet. Durch dergleichen oft wiedere hohlte Besuche bey seinen Arbeitern, die zur natürlichten Folge haben müssen, daß es vielen trägen und fahrlässigen Gesellen doppelt und dreyfach flink von der Hand geht, hat sich denn der gute Fürst auch die böse Nachrede zugezogen, daß im Kleinodienschaße des Hauses von Anhalt - Dessau eine magische Ruthe vorhanden sen, kraft welcher seine Bauwerke sich nicht gemächlich über den Erdboden erheben, sondern urplößlich aus demselben hervorschießen sollen.

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