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Jahrbuch für romanische und englische Literatur 3, 77 f. über die Umprägungen der Ueberlieferungen bemerkt habe. Wo indess die Heimat der vorliegenden Sage ursprünglich war, ist eine andere Frage, jedenfalls aber im Osten, wenn auch eben nicht in Persien.

Den eigentlichen Sinn und Bedeutung der Sage anlangend bemerke ich, dass sie, wie sich beim ersten Blick zeigt, in den grossen Kreis derer gehört, die von Drachentödtern handeln; s. hierüber Schwartz, Ursprung der Mythol. im Register s. v. 'Drachenkämpfe’; Grundtvig, DgF. I, 344 f. (Zusatz dazu 2, 653); 2, 557; 4, 759; Mannhardt, Germ. Mythen im Reg. s. v. Drache; Paulus Cassel, Drachenkämpfe. Berlin 1868; J. Braun, Naturgesch. der Sage 2, 475 s. v. Schlange; Carrière, Die Kunst im Zusammenhang der Culturentwicklung Leipz. 1863. I, 348-54; Uhland in der German. 1, 304 ff. (Schriften 8, 334 ff.); Walter Scott, Minstrelsy &c. zur Ballade Kempion; St. Genois, Des Dragons au Moyen-âge. Gand 1840; Gervas. S. 137*); und namentlich in Betreff der Sage vom heil. Georg, s. Grundtvig a. a. O.; Baring Gould, Curious Myths &c. 2. series p. 1 ff.; Nork in Scheible's Kloster 7, 282; Cox, Mythol. &c. 2, 351; Revue Archéologique 1876, no. IX u. XII ein Aufsatz von Clermont Ganneau Horus et Saint Georges'; Vernaleken in der German. 9, 471 ff. u. s. w.

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Was verschiedene Einzelheiten der oben besprochenen Drachensagen anlangt, so verweise ich hinsichtlich des Goldlagers der Drachen sowie des Wachsens derselben auf Schwartz a. a. O. S. 63, wozu auch Maurer, Isländ. Sagen S. 174 f. gehört; wenn wir oben in einer Version der Ragnarsage den Drachen aus einem Ei hervorkommen sehen,

*) Hinsichtlich der das. erwähnten Aufzüge und Volksfeste verweise ich noch auf Reiffenberg's Einleitung zu Gilles de Chin p. XLV-LXVI u. Bergmann, Les Gètes p. 253 f. Ausser dem alljährlichen Lumeçon (so hiess ehedem jeder feierliche Aufzug zu Ehren irgend eines Fürsten) zu Mons, der den Drachenkampf des Gilles darstellen soll, hielt man ehedem ähnliche Aufzüge auch in Brüssel (s. Wauters, L'ancien Ommeganck de Bruxelles. Bruxelles 1848), Namur (Jules Borgnet, Recherches sur les anciennes fêtes namuroises, Tome XXVII der Mém. couronnés der Brüsseler Akad.) und andern Städten Belgiens, wobei natürlich überall der Drache erschien; was den Graoulli in Metz betrifft, so vgl. dazu Hocker, Stammsage der Hohenzollern S. 46; der Graoulli soll vom heil. Clemens besiegt worden sein, wie der Tarascus von der heil. Martha, Gervas. S. 136 (hinsichtlich der das. S. 137 erwähnten Umzüge mit Drachenbildern in Spanien vgl. Ferd. Wolf, Proben u. s. w. S. 29). So wie bei Hocker a. a. O. erwähnt ist, dass die Bäcker zu Metz dem Graoulli Brote in den aufgesperrten Rachen werfen mussten, so erinnere man sich dabei an die Brotvertheilungen, die bei ähnlichen Festen und Aufzügen stattfanden; s. Rochholtz in der Germ. 4, 100 ff.; Gervas. S. 210 ff. 'La fête de caritachs'; vgl. Schwartz, Ursprung u. s. w. S. 73 ff.

so erinnere ich daran, dass diese Vorstellung auch dem klassischen Alterthum geläufig war, wo die Verbindung von Drache und Ei überhaupt als eine weitgreifende erscheint; s. Bachofen, Gräbersymbolik der Alten. Basel 1859 an vielen Stellen bes. S. 137, 140—3, 147 f. 155, 419 f. Ragnar's undurchdringlicher Pech- oder Eispanzer gleicht Siegfried's Hornhaut, und das Goldlager (ormbedseldr d. i. Drachenbettfeuer) von Thora's Lindwurm erinnert an die Brynhild's Schildburg umgebende Waberlohe. Wenn endlich Ragnar sich durch den zu dem Speereisen gehörenden Schaft als Ueberwinder des Drachen zu erkennen gibt, so ist auch dies nur eine andere Form des bekannten Zuges, wo der Held sonst gewöhnlich sich durch die dem Unthier ausgeschnittene und vorgezeigte Zunge als den eigentlichen Besieger desselben erweist, wie dies auch in der von mir im Jahrb. der roman. u. engl. Litt. 3, 136 (aus Paus. 1, 41, 4 und dem Scholiasten des Apoll. v. Rhodus zu 1, 517) nachgewiesenen griechischen Sage der Fall ist und ebenso in indischen Erzälungen vorkommt; s. Hir et Ranjhan in Garcin' de Tassy's Allégories &c. Paris 1876 p. 506-9 (oder meine Anzeige im Archiv f. Litt. Gesch. 6, 603).

Was aber die Frage betrifft, wie die orientalische Sage nach dem hohen Norden gekommen sei, wird man schwerlich anders als durch Muthmassungen antworten können, und verweise ich in dieser Beziehung auf meine Bemerkungen im Jahrb. f. rom. u. engl. Litt. 3, 82 ff. Wenn Indien der Ausgangspunkt war, so ging der erste Theil ihres Weges wol über Persien und Vorderasien *), vielleicht auch über Griechenland; s. jedoch das oben S. 65 nach Uhland angeführte. Die in der Ragnarsage c. 8 vorkommende zauberhafte Kuh Sibilja des Königs Eystein, deren Gebrüll kein Heer aushalten konnte, so dass er alle seine Feinde besiegte, hat ihr Analogon (auch im Namen) in der göttlichen Kuh Sabala, die durch ihr Brüllen dem Vasischtha hundert Könige schafft, welche das Heer Visvamithra's vernichten (Braun, Naturgeschichte der Sage 2, 431 f.; Gubernatis, Die Thiere in d. indischen Mythol. Leipz. 1874 S. 56 f.). Ein derartiges Monstrum hat auch eine Jaina - Erzälung, in welcher eine magische Eselin erwähnt wird, deren Geschrei alle eine Königsburg belagernden Feinde zu vernichten bestimmt ist; s. A. Weber, Pañcadandachattraprabandha. Ein Märchen vom König Vikramâditya; in den Abhandlungen der philos.-hist. Klasse der Berliner Akad. 1877 S. 8; ferner Herbelot s. v. Aschmuil 1,

S.

*) Vgl. Jahrb. a. a. O. S. 82. Dass die Kombabossage auch in Indien sich findet, habe ich, wie dort erwähnt, zu Gervas. S. 216 gezeigt; sie war aber auch in Persien bekannt; s. Görres a. a. O. 2, 412.

424 der deutsch. Uebers., wo es heisst:

>>Was aber die Schechinah, die über der Bundeslade war und von welcher diese ihren Namen hatte, anlangt, so versichern die Musulmanischen Schriftsteller, dass es das Bild eines Thieres gewesen, das einem Leopard ähnlich gesehen, der, so oft als man die Bundeslade gegen die Feinde Gottes aufbrechen lassen, sich auf die Beine erhob und ein solches schreckliches Geschrei erhob, dass es sie ganz ausser sich brachte und zu Boden schlug.«<

Noch will ich anführen, dass Benfey »die persische Sage von Ardschir und die nordische von Ragnar Lodbrok, welche Liebrecht zusammengestellt hat«<, zu einem Mythenkreis rechnet, den er in den 'Nachrichten von der Königl. Ges. d. Wissensch. zu Göttingen' 1868. S. 36 ff. unter dem Titel Tpītwvio' 'Adáva, Femininum des zendischen Masculinum Thraêtâna Athwyâna' behandelt hat.

Ehe ich diesen Gegenstand verlasse, will ich zuvörderst noch auf zwei Drachensagen hinweisen, die von Lerch im Or. und Occid. 1, 751 ff. aus Herat und Kandahar mitgetheilt worden sind, andererseits aber gleichfalls zwei ebensolche aus China und Japan folgen lassen. Nach der ersten befand sich einst in dem Gebirge Yung Ling (in der heutigen Provinz Fuhkien) eine ungeheure Schlange, welcher alljährlich ein junges Mädchen zum Verzehren gegeben werden musste.

Im zehn

ten Jahre aber geschah es, dass Ki, die jüngste der sieben Töchter Li Tan's, eines höheren Beamten zu Tsing Lo, es bei ihren Eltern durchsetzte, dass sie der Schlange zugesandt wurde, worauf sie dieselbe mit ihrem Schwert und mit Hilfe des sie begleitenden Hundes tödtete und in Folge dessen die Gemahlin des Fürsten von Sueh wurde. Dennys, The Folk Lore of China p. 110. Die japanesische Sage lautet SO: >>A man, the hero of the story, came to a house where all were weeping. He asked the cause. An old man said that he had eight daughters; a terrible dragon had eaten seven in succession in seven years; all but one. The eighth was now to go to the sea-shore to be eaten. The hero's name was Sosano-no-Nikkoto and . . . the girl was called Inadahime, her father was Tenadiu. . . The man (Sosano) said that he would fight the dragon. The father (Tenadiu) was afraid. The man got eight pots full of sake*) and set them by the shore and the girl behind them. He hid himself behind a rock. The dragon came out of the sea, and put a head into each sake pot and drank till he was drunk. When he was drunk, the man came and cut off all the Then he chopped up the dragon... When he cut the

eight heads.

*) Ein berauschendes aus Reis bereitetes Getränk.

tail, he found a long sword, which is called Amuno-mura-ku-mo-nokeng (sky-black-cloud-sword)*). . . . That sword every mikado keeps. The man (Sasano) who killed the dragon, married the girl (Inadahime) and they became 'the gods' of all married people. They are called Emmusubino kami. Their temple is in Oyashiro. « J. F. Campbell, My Circular Notes. Lond. 1876. I, 193 f. Der Verfasser ist der Herausgeber der wolbekannten Märchensammlung 'Tales of the West Highlands (s. Or. und Occident 2, 98).

Germanische Mythen und Sagen im alten Amerika.
(German. XVI, 37.)

Ob der unter den alten Bewohnern Centralamerika's als Schlangengott vorkommende Votan mit dem germanischen Odin- Wuotan in nähere Verbindung zu bringen sei, ist mehrfach erörtert worden, s. z. B. J. G. Müller, Gesch. der amerik. Urreligionen S. 486-491**), doch bin ich nicht gesonnen hier weiter darauf einzugehen, wol aber auf die bemerkenswerthe Analogie hinzuweisen, die zwischen einigen Conceptionen von Völkern Europa's und Mittelamerika's stattfindet. Zu Grunde lege ich hierbei das bekannte Werk des Abbé Brasseur de Bourbourg, welches den Titel führt: Popol-Vuh. Le livré sacré ***) et les mythes de l'antiquité américaine avec les livres héroiques et historiques des Quichés. Ouvrage original des indigènes de Guatemala, texte quiché et traduction française en regard, accompagné de notes philologiques et d'un commentaire sur la mythologie et les migrations des anciens peuples de l'Amérique etc., composé sur des documents originaux et inédits. Paris 1861. Ich habe den Titel dieses wichtigen Werkes hier deshalb genauer angeführt, damit wer es etwa noch nicht näher kennt,

Dies Schwert heisst auch 'Sananinoken' (grass-mowing sword).

*** Ueber Votan handelt auch Charencey, Le Mythe de Votan. Étude sur les origines asiatiques de la civilisation américaine. Paris 1871.

>>Le titre de Livre sacré, que je donne à cet ouvrage, n'est pas rigoureusement la traduction de Popol-Vuh, que je traduis dans le texte par Livre national. Le mot popol vient de pop, verbe radical qui signifie s'assembler, se réunir en conseil; mais les chefs de la nation ayant seuls la prérogative de délibérer, il s' ensuit que le mot popol, tout en exprimant une idée commune, s'appliquait à la nation par excellence, au sénat; de-là le titre de Libro del comun, ainsi que le traduit Ximenez.« Popol Vuh p. VII n. 1. Ein seltsames Zusammentreffen ist es, dass dieser popol der Quiche genau dem altrömischen populus, wie ihn Niebuhr auffasste, entspricht.

durch denselben eine Vorstellung von dessen Inhalt erhalte. Eine Besprechung des Buches findet sich in Max Müller's Essays. Band I.

In der Einleitung des Popol-Vuh wird nun zunächst Folgendes mitgetheilt. Als Votan von der Stadt des Gottestempels in seine Heimat Valum-Votan (Votansland, wie noch jetzt grosse Ruinen nicht weit von Ciudad Real de Chiapas in Guatemala heissen) zurückgekehrt war, berichtete er, dass man ihn durch einen unterirdischen Weg gehen liess, der quer durch die Erde ging und sich an der Wurzel des Himmels endigte; dieser Weg, fügt der bald zu nennende Ordoñez hinzu, sei aber nur ein Schlangenloch gewesen, in welches Votan kroch, weil er ein Schlangensohn war. Hierauf legte Votan in der Schlucht des Zuqui einen gleichen unterirdischen Gang an, der sich bis nach Tzequil erstreckte, welche beiden Localitäten sich gleichfalls in der Nähe von Ciudad Real de Chiapas befinden sollen. So lauten die Angaben des Ordoñez in seiner Historia del Cielo y de la Tierra, deren Handschriften im Besitz Brasseurs ist; s. p. LXXIII. LXXXVII. Der Bischof Nuñez de la Vega führt an (p. CVII f.), dass Votan sich nach Huehuetan begab, mehrere Tapire dorthin brachte und daselbst mit einem Hauch ein finsteres Haus baute, wo er einen Schatz niederlegte, dessen Obhut er einem Weibe (dame) und einigen Wächtern, Tapianen genannt, übergab. Hierzu bemerkt Brasseur, dass der Hauch (souffle) vielleicht auf einem Irrthum des Uebersetzers beruht; es handle sich wol eher von einem dem Ig (Geist, Hauch, Wind) geweihten Tempel. Der Tapir war ein bei den alten Amerikanern heiliges Thier. Die Stadt Huehuetan, wo das finstere Haus gebaut wurde, lag in dem District Soconusco (der Provinz Ciudad Real de Chiapas), nicht weit vom Stillen Meere, und noch sind dort merkwürdige Ruinen vorhanden. Der obenerwähnte Schatz bestand nach dem Bischof Nuñez de la Vega aus einigen grossen Urnen, die sich nebst den Götzenbildern des Jahreskalenders in einem unterirdischen Gemach befanden. Die Frau (dame) und die Tapianen (Wächter der Grotte) übergaben dies alles dem Bischof, der es auf dem öffentlichen Platze von Huehuetan verbrennen liess. Angaben, welche sich bei Brasseur finden und bei deren Lesung mir alsobald die eddische Mythe von Oðin als Bölverkr einfiel. Als Schlange (í ormslíki) schlüpft er durch das Bohrloch (ok skreið i nafars-raufina. Gylfag. 58; vgl. Hávam. 106: um griót gnaga yfir ok undir stóðumk iötna vegir), ganz ebenso wie Votan als Schlange durch einen unterirdischen Pfad schlüpft und einen ebensolchen zum Andenken daran in einer Felsschlucht anlegen lässt. Die Urnen in dem unterirdischen Gemache gleichen den Gefässen Oðrærir, Boðn und Són im Hnitberge,

Dies sind die

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