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sachen beruhen, wie ich in den Gött. Gel. Anz. 1865 S. 1190 ff. nachgewiesen. Die daselbst beigebrachten Beispiele bezogen sich auf Indien, und so führe ich denn auch jene Wunderceder des deutschen Gedichtes auf die Weinpalme (borassus flabelliformis) zurück, welche gleichfalls in Indien zu Hause ist und von der im Mittelalter wahrscheinlich eine Kunde nach Europa gedrungen war.

Anderes übergehend möchte ich schliesslich blos noch auf die ziemlich genaue Uebereinstimmung aufmerksam machen, welche zwischen dem altenglischen Gedichte Guy of Warwick und dem Wolfdietrich in mehrfachen Zügen herrscht. Heraud von Ardenne, der treue Erzieher und Lehrer Guy's, der diesen auch auf allen Kriegszügen begleitet (s. Ellis, Specimens of Early English Metrical Romances. Lond. 1848 p. 191 ff. entspricht dem bei Wolfdietrich sich in gleichen Verhältnissen befindenden Berchtung von Meran; - Guy (Ellis p. 206 ff.) und Wolfdietrich haben beide heisse Kämpfe bei Constantinopel ; sowie ferner Wolfdietrich Otnit's Schwert in der Drachenhöhle findet (1661-2 Holtzm.), so findet Guy ein solches gleichfalls in einer Drachenhöhle und zwar im Leibe des todten Drachen selbst (Gesta Rom. c. 172 p. 565, 27 ff. Oest.); Guy steht einem Löwen im Kampfe gegen einen Drachen bei, welchen letztern er tödtet, worauf der Löwe sein treuer Begleiter wird (Ellis p. 211), und ganz gleiches erzält ein dänisches, höchst wahrscheinlich einem deutschen entstammendes Volkslied von Wolfdietrich (Grundtvig GdF, No. 9 'Konge Diederik og Löven', vgl. Holtzm. S. XCIX, No. 8 u. Wolfd. 1618 ff.); Guy kämpft lange Zeit mit dem Amiral von Aethiopien, einem Riesen, und beide stärken sich während des Kampfes durch Wassertrünke, bis Guy den Riesen erschlägt (Ellis p. 221 ff.), und unter gleichen Umständen tödtet Wolfdietrich den Riesen Belamunt (399-453); Guy hört den Grafen Jonas an einem Brunnen klagen und durch Besiegung jenes Amirals befreit er den Grafen und seine fünfzehn Söhne aus der Gefangenschaft (Ellis p. 220-2); ebenso vernimmt Wolfdietrich Berchtung's Klage vom Stadtgraben aus (1318-9) und befreit später dessen zehn Söhne; schliesslich, um den Rest seines Lebens in Busse zu enden, pilgert Guy nach dem heiligen Lande, rettet zurückgekehrt sein Vaterland von den Heiden, indem er deren Vorkämpfer Colbrand erschlägt, und zieht sich sodann in eine Einsiedelei zurück (Ellis p. 230. 234); ganz so beschliesst auch Wolfdietrich sein Leben im Kloster, nachdem er dasselbe vorher noch einmal gegen die Heiden vertheidigt und diese besiegt hat. Auf diese Aehnlichkeiten der beiden Dichtungen will ich hier blos hinweisen, ohne weitere Betrachtungen daran

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zu knüpfen; den ascetischen Schluss haben sie freilich mit andern Gedichten des Mittelalters gemein, und zerstreut finden sich auch die übrigen Züge anderwärts wieder, nichts desto minder zeigt sich jene Uebereinstimmung als auffallend genug.

Nachtrag (s. German. XV, 192).

Der gelehrte Graf Albert von Circourt zu Paris hat mir über die obige Abhandlung freundlicherweise mannigfache interessante Bemerkungen mitgetheilt, von denen ich die folgenden aushebe, nachdem ich bereits andere in dem Vorhergehenden zur Berichtigung des den Orden von Rougemont Betreffenden benutzt:

» Si vous voulez poursuivre à Besançon vos recherches sur le manuscrit dont a pu se servir du Pinet, vous ne pouvez mieux vous renseigner qu'en vous adressant à M. Castan, bibliothecaire de la ville. C'est un veritable érudit et un digne successeur de Weiss. Mais je ne crois pas que le manuscrit existe, ni surtout qu'il ait pu se trouver parmi les rares documents que possédait la confrérie de St. George. Dans le livre intitulé: Aperçu sur l'ordre de St. George du comté de Bourgogne. Vesoul 1833, qu'a publié le Marquis de St. Mauris, je lis que d'après une lettre du Marquis de Grammont, gouverneur de l'ordre en 1767, lettre qui se trouve dans les archives de la maison de St. Mauris, les registres antérieurs à l'année 1448 avaient dès cette époque disparu. Les archives furent ou brûlées ou anéanties d'une autre manière par la personne chez qui elles avaient été cachées pendant la terreur (page 9). Page 14 est cité le passage suivant du père Fedoré (p. 745 de son ouvrage): 'La confrérie de St. George de Chalons a été établie sur le model de celle de St. George-les-Soeurs en 1315, et cette dernière sur le model de St. George de Rougemont. Celle-ci est donc la plus ancienne et ses confrères étaient chevaliers d'armes.' À l'appui de cette assertion l'on invoque une charte d'Aimont, archevêque de Besançon qui fait appel à plusieurs seigneurs et aux princes issus des ducs et comtes de Bourgogne 'premiers fondateurs de la confrérie de l'ordre des chevaliers de St. George.' La charte est de 1366. Les seigneurs auxquels il s'adresse sont la plus part comtois et point bourguignons. Le Marquis de St. Mauris en conclut que la confrérie de St. George fut fondée vers l'an 1300, par les souverains du duché et du comté de Bourgogne. Ce qu'il y a de certain est que Philibert de Mollans, franc-comtois, fut le restaurateur de cette confrérie en 1390 et que l'assemblée des confrères se faisait d'abord à Rougemont, où Philibert avait déposé dans une chapelle qu'il y posse

dait, les reliques de St. George, rapportées par lui de Terre sainte (I dut être le compagnon de Bouciquaut ou du comte d'Eu, pendant le voyage d'outremer qu'ils firent en 1387, 1388, 1389). ... L'ordre ne retrouva qu'un semblant d'existence pendant la restauration et s'éteignit de lui-même après 1830.«

Zur Vervollständigung diene noch die Notiz, dass weitere Angaben über den in Rede stehenden Orden sich finden in der 'Histoire des ordres de chevalerie et des distinctions honorifiques en France par F. F. Steenackers.' Paris 1867 p. 171 ff.

Zu Schiller's Braut von Messina.

(Jahrb. f. roman. u. engl. Liter. X, 331.)

In seinem Buche L'Esprit des Autres (3me éd. Paris 1857 p. 236 fg.) erzält Ed. Fournier die Geschichte eines Verses, der sich in einem Trauerspiele Legouvé's findet und nicht diesem, sondern dem gleichzeitigen Baudouin angehört, welchem jener ihn entliehen und dem die Idee dazu aus einem französischen, sprichwörtlichen Distichon: »le frère est ami de nature; Mais son amitié n'est pas sûre « oder aus Cic. De Amicit. 6: »cum propinquis amicitiam natura ipsa peperit«< gekommen sein soll. Jedoch wie es sich auch damit verhalte, es ist nicht die Autorschaft des Verses, sondern dieser selbst, der uns hier interessiert; er lautet nämlich:

>>Le frère est un ami donné par la nature <<

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und findet sich in 'La Mort d'Abel. Tragédie, en trois actes et en vers, par le citoyen Legouvé. A Paris 1793 (46 Seiten). Als ich den in Rede stehenden Vers bei Fournier bald nach dem Erscheinen jener Ausgabe seines Buches zum ersten Mal las, fiel es mir auf, wie genau derselbe mit einer Stelle in Schiller's Braut von Messina übereinstimme, wo es in der Rede, durch welche Donna Isabella die feindlichen Brüder zu versöhnen sucht, also heisst:

» Wohl dem, dem die Geburt den Bruder gab!
Anerschaffen

Ist ihm der Freund!«<

Wir haben nun zwar gesehen, dass der Gedanke selbst, mehr oder minder hiermit übereinstimmend, sich auch sonst wiederfindet, wie er denn überhaupt so natürlich ist, dass er sehr leicht mehrfach auf ganz unabhängige Weise zum Ausdruck gekommen sein kann; allein nichtsdestoweniger war ich gleich anfangs an eine Entlehnung von Seiten.

Schiller's zu denken geneigt, indem mir nämlich bei näherer Erwägung auch der Vorwurf jenes Legouvé'schen Trauerspiels mit dém Schiller's eine Verwandtschaft im allgemeinen zu besitzen schien und letzterm daher auch die Idee zu demselben eingegeben haben konnte. Um dies eingehender zu untersuchen, bedurfte ich jedoch vor allem des französischen Stückes und dieses konnte ich hier in Lüttich nicht auftreiben; mich in grössern Entfernungen danach umzusehen, habe ich jahrelang unterlassen. Da endlich kam es mir neulich zu Gesicht, und eine nähere Prüfung desselben scheint mir nun die Richtigkeit meiner anfänglichen Muthmassung zu bestätigen.

Betrachten wir zunächst den Grundstoff der Braut von Messina. Zwei Brüder sind gegen einander von Jugend auf feindlich gesinnt; der eigentliche Grund des Hasses ist unbekannt, doch wird wiederholt darauf hingewiesen, dass der eine (Don Caesar) sich im Verhältniss zu seinem Bruder in der Liebe der Mutter zurückgesetzt glaubt; so sagt er (Werke VIII, S. 79, Ausg. 1823):

>> Verschwende Mutter deines Segens Fülle
Nicht an den einen erstgebornen Sohn! <<

noch deutlicher (S. 144):

Der Neid vergiftete mein Leben,
Da wir noch deine Liebe gleich getheilt«<;

schärfer noch (S. 136):

>> Sie hat mich nie geliebt! Verrathen endlich
Hat sich ihr Herz, der Schmerz hat es geöffnet.
Sie nannt' ihn ihren bessern Sohn! So hat sie
Verstellung ausgeübt ihr ganzes Leben!«<

Es gelingt jedoch der Mutter, den Hass der Brüder zu beschwören und sie zu versöhnen; allein für nicht lange Zeit; denn eine neue heftige Eifersucht, die der Liebe, bricht plötzlich in dem Herzen Don Caesar's aus und treibt ihn blindlings zum Brudermord, worauf er, die rasche That bereuend, sich selbst dem Tode weiht.

Fast ganz gleich ist der Stoff, wie er bei Legouvé vorliegt. Kain hasst Abel, weil dieser als Hirt ein so müheloses Leben führt, während er selbst im Schweisse seines Angesichts das Land baut; dann aber kränkt ihn besonders die grössere Liebe, die dem Bruder, wie er glaubt, von den Eltern zu Theil wird; so ruft er aus, als Adam, ihn beschwichtigend, von Abel spricht (p. 23): »Toujours Abel!« und dann äussert Adam selbst zu Eva (p. 29):

» N'offrons plus, s'il se peut, de prétexte à ses plaintes :

Il dit toujours qu'Abel nous est plus cher que lui;

Que nous le détestons, a

Indess es gelingt Adam, den Groll Kain's zu beschwören und ihn mit
Abel auszusöhnen; allein auch hier dauert diese Aussöhnung nicht lange.
Das von Gott verschmähte Opfer Kain's erweckt seinen
Hass von
neuem, so dass er bald nachher den Bruder erschlägt, worauf er, von
Reue ergriffen, die Seinen verlässt und Gottes Strafe in der Einsam-
keit erwarten will. Die Verschiedenheit von Schiller besteht darin,
dass der Hass der Brüder nicht gegenseitig ist, dass der Vater,
nicht die Mutter, die Versöhnung bewirkt (obwol auch Eva auftritt
und in ihrer Mutterliebe sich die der Donna Isabella erkennen lässt);
dass ferner der neu auflodernde Hass Kain's nicht durch Liebeseifer-
sucht hervorgerufen wird und dass Kain sich nicht selbst tödtet. In-
dess ist diese Verschiedenheit doch nicht bedeutend, und die ursprüng-
liche Identität des Stoffes tritt deutlich genug hervor, trotzdem Schiller
von demselben hin und wieder abzuweichen für nothwendig hielt; dass
er daran Recht gethan, wird niemand in Frage stellen wollen. Wenn
er z. B. Don Caesar nicht Kain's Beispiel nachachmen und in die
Einsamkeit fliehen lässt, um dort den Rest seiner Tage in Reue zu
beschliessen, so giebt er ausdrücklich den Grund dafür an; denn Don
Caesar sagt (S. 144):

>> Wohl lässt der Pfeil sich aus dem Herzen ziehn :
Doch nie wird das verletzte mehr gesunden.
Lebe, wer's kann, ein Leben der Zerknirschung,
Mit strengen Busskasteiungen allmählig
Abschöpfend eine ew'ge Schuld - Ich kann
Nicht leben, Mutter, mit gebrochnem Herzen.

Der Tod hat eine reinigende Kraft«<,

und so stirbt denn Don Caesar durch eigene Hand, dem tragischen Schluss des Ganzen entsprechend.

Dass verschiedene Reminiscenzen aus Legouvé's Drama sich bei Schiller vorfinden, davon haben wir gleich anfangs ein Beispiel gesehen, und hier folgt noch ein anderes. Nach dem unseligen Opfer Kain's nämlich sucht Abel den Bruder auf, der sich in Felsklüfte zurückgezogen hat und will ihn tröstend umarmen, da ruft Kain aus (p. 40):

>> Serpent, dans tes replis tu veux m'envelopper!
C'est pour m'assassiner que ta haine m'embrasse!«<

Ganz ähnlich lautet Don Caesar's Ausruf, als er den Bruder bei Beatrice findet (S. 105):

» Giftvolle Schlange! Das ist deine Liebe?
Deswegen logst du tückisch mir Versöhnung?«

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