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einem bei ihm verläumdeten Manne hundert Unzen Fleisch aus dem Rücken schneiden lassen, ihm aber dann dafür, als er die Unwahrheit der Verläumdung eingesehen, tausend Unzen andern Fleisches wiedererstatten lassen. Nichtsdestoweniger jammerte jener heftig über seine Schmerzen. Pantschat. 1, 391; Nachtr. 2,

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f.

No. 105 (2, 100). L'oiseau à deux têtes. Aus Neid darüber, dass der eine Kopf zur Erhaltung des Leibes immer nur köstliche Früchte geniesst, frisst der andere eines Tages eine giftige Frucht, so dass beide Köpfe zugleich umkommen. Pantschat. 1, 537 f. § 215;

Nachtr. 2, 551; Kurz zu Waldis B. 1 F. 40 »Von gliedern des Menschen vnd dem Bauch «<, die bekannte Fabel des Menenius Agrippa, welche, »> nur speculativer, insofern statt des Bauches der prâna, Lebenshauch, steht«<, sich gleichfalls in indischen Werken findet, s. Weber, Ind. Studien 3, 369. Zu dem in Rede stehenden Avadâna gehört auch die tibetische Fabel »>Die beiden zusammengewachsenen Fasanen « mitgetheilt von Schiefner, Mél. Asiat. 8, 163 f. Vgl. ferner noch oben Avad. No. 40.

No. 109 (2, 109). Le feu et le bois sec. Zu einem von beiden gegen einander beschlossenen Kampfe sucht das Feuer trotz der zalreichen Gegner dennoch keine Bundesgenossen, da es sich stark genug fühlt, den Kampf allein zu bestehen. Pantschat. 2, 544 f. Nachtr. zu § 180 S. 430.

No. 112 (2, 120). L'homme d'un caractère rare. Hier wird eine Art Schlaraffenland geschildert. S. über dieses Grimm KM. no. 158 und dazu die Anm. im 3. Band; füge hinzu Keller, Fastnachtspiele 3, 1482 (zu S. 58); 4, 337 (zu S. 58) und Poeschels Aufsatz » Das Märchen vom Schlaraffenlande« in den Beiträgen zur Gesch. der deutschen Sprache und Lit. Bd. V, Heft 2.

No. 118 (2, 138). Le mari qui fait épiler sa barbe. Die zweite Frau eines Mannes, welche ihm alle weissen Barthaare ausreissen soll, reisst ihm zugleich auch alle schwarzen aus und erwiedert dem sie ausscheltenden Gatten: » da ich die dichten Haare ausreissen sollte, warum sollte ich die einzelnen stehen lassen? « Pantschat. 1, 602, no. 2, u. Nachtr. 2, 552; Kurz zu Waldis B. 3 F. 83; Oesterley zu Kirchhof 7, 67.

No. 121 (2, 144). Le nouveau dieu du tonnerre. Ein widerspänstiger Sohn, den der Gott des Donners züchtigen will, fragt denselben, ob er der alte oder neue Donnergott sei und fügt dann hinzu : >> Wenn du der neue Donnergott bist, so verdiene ich auf der Stelle von dir zerschmettert zu werden; bist du aber der alte, wo warst du dann, als mein Vater sich ehedem gegen meinen Grossvater aufsätzig

benahm ?«<

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Dies Märchen von dem Undank der Kinder gehört zu denen, welche v. d. Hagen Gesammtab. II S. LV ff. (zu no. 48. Die halbe Decke') bespricht; s. auch Dunlop S. 493 Anm. 354".

No. 122 (2, 146). Le vieux tigre et le singe. Ein junger Affe, den ein Tiger verzehren will, führt ihn, da er selbst doch nur klein sei, zu einem Hirsch mit mächtigem Geweih, und dieser, der die Absicht des Tigers merkt, ruft dem Affen zu, dass er ihm für das gebrachte Tigerfell danke, aber nun noch neun zu bekommen habe, bei welchen Worten der Tiger voll Furcht die Flucht ergreift. Pantschat. 1, 505 ff. u. Nachtr. 2, 549 f.; Bleek, Reineke Fuchs in Afrika S. 18 ff. no. 13.

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No. 122 (2, 148). Le chat et le rat. Einer Ratte, die aus ihrem Versteck hervor einer niesenden Katze bestes Wolsein wünscht, erwiedert diese, es würde zu ihrem besten Wolsein beitragen, wenn sie die Ratte auffressen könnte. Vgl. die hier folg. No.

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No. 123 (2, 150). Le rat et le chat. Einer in ihrem Loche niesenden Ratte wünscht eine in der Nähe befindliche Katze tausend Jahre, und da nun in Folge dieser Höflichkeit die andern Ratten das Loch verlassen und die Katze besuchen wollen, so warnt die erstgenannte Ratte die andern vor der trügerischen List jener. S. Kurz zu Waldis B. 1 F. 78; B. 2 F. 90; Oesterley zu Kirchhofs Wendunmut 7, 68. Vgl. die hier folg. No.

No. 125 (2, 152). Le chat et les souris. Eine Katze, der jemand zum Spass einen Rosenkranz umgehängt hatte und der deshalb die Mäuse im Vertrauen auf ihre Frömmigkeit sich ohne Furcht näherten, verzehrte gleichwol ohne Weiteres mehre derselben. Eine von den entkommenen macht deshalb die Bemerkung: » Ceux qui font les devots et ont l'air de prier le Boudha, ont le coeur dix fois plus cruel que les lo loups. «< — Pantschat. 1, 352; Nachtr. 2, 542; Kurz zu Waldis B. 2 F. 92; Oesterley zu Kirchhof 7, 172; vgl. Bleek a. a. O. die Bornu'sche Fabel S. 150 No. 28.

No. 126 (2, 154). Le phénix et la chauve-souris. An dem Geburtstag des Phönix, des Königs der Vögel, erscheint die Fledermaus nicht bei Hofe, weil sie ein Vierfüssler sei, und ebensowenig später bei dem Geburtstage des Ki-lin, weil sie Flügel habe und zu den Vögeln gehöre, weshalb die bei letzterm versammelten Vierfüssler die Bemerkung machen: »Dans le monde il y a aujourd'hui beaucoup de gens, au coeur sec et froid, qui ressemblent à cette méchante bête; ils ne sont ni oiseaux ni quadrupèdes, et, en verité, on ne sait qu'en faire.<< Kurz zu Waldis B. I F. 34.

Eine mittelhochdeutsche Fabel.

Die Rahmenerzälung des vierten Buches des Pantschatantra bildet eine Fabel, in welcher ein Krokodil als mit einem Affen sehr eng verbrüdert erscheint und von diesem bei jedem Besuche, den es ihm macht, mit den Früchten eines von ihm bewohnten Dschambubaumes beschenkt wird. Die Frau des Krokodils, welcher ihr Mann stets solche Früchte mitbringt, verlangt eines Tages das Herz des Affen, um es zu essen; denn, sagt sie, >> wer immer solche ambrosiagleiche Früchte geniesst, dessen Herz muss ganz wie Ambrosia sein.<< Das Krokodil lässt sich beschwatzen, und unter dem Vorgeben, dass seine Frau den Affen zu sehen wünsche, verlockt es ihn dazu seinen Rücken zu bestetigen. Während der Fahrt übers Meer nach dem Wohnsitze des Krokodils offenbart dieses dem Affen, dass er dem Tode entgegengehe; es thut dies aber, damit jener vorher noch an seine Schutzgottheit ein letztes Gebet richten könne. Der Affe, »der den Kopf auf dem rechten Flecke hatte «, sagt nun, er hätte sein Herz, das er gern der Frau seines Freundes überlassen wolle, in einer Höhlung des Dschambubaumes zurückgelassen, so dass das Krokodil mit ihm wieder ans Ufer zurückkehrt, worauf der Affe, sobald er diesem nahe ist, eiligst ans Land springt und so sein Leben rettet, während das Krokodil voll Beschämung zurückbleibt.

Benfey hat Pantschat. I, 420 ff.) diese Fabel besprochen, woraus man unter anderm ersieht, dass in einigen Versionen statt des Krokodils auch andere Thiere eintreten wie z. B. eine Schildkröte, und eine solche ist es nun auch in folgendem Gedichte Bruder Werners bei MSH. III, 16 No. 26:

>>Ez wolte ein affe über einen see, do kund' er wol geswimmen niht,

er bat eine schorpen, daz si in vuorte, als diu aventiure jiht;

ez satz' in uf die bulen sin unt vuort' in verre in den tich.

do er kwam mitten uf den wak, ez sprach: 'ich wil ze grunde gan,

dune gebest mir daz herze din, oder ich wil dich ertrinken lan'.

der affe bot im vür daz herze sine lide gar gelich;

Ez enwolte niht wan daz herze sin,

daz schorpe vloz dem lande ein teil ze nahe,

der affe sprank unz an daz lant, darümbe kwam diu schorpe in pin.
daz sült ir vür ein bispel ouch enpfan:

der keiser der ist komen uz unde ist gesprungen an den stat;

ir mere gernden schorpelin, er tuot iuch darümbe an sælden mat. «< Welches die unmittelbare Quelle Bruder Werners ist, weiss ich nicht anzugeben; seine Version ist im höchsten Grade einfach, und von den bei Benfey angeführten steht ihr in dieser Beziehung keine nach.

In diesen Kreis gehört ferner, wie mir scheint, eine von A. Schiefner in dem ‘Ausführlichen Bericht' über Baron P. v. Uslar's Kürinische *) Studien. Petersb. 1873. Mém. de l'Acad. etc. Tome XX No. 2 S. 90 f. mitgetheilte Fabel folgenden Inhalts:

>>Ein Fuchs und eine Schlange liessen sich, nachdem sie Brüderschaft geschlossen hatten, neben einander nieder. Zu einer Zeit auch ward ihnen beiden der Gang auf eine Reise. Und als diese beiden Brüder wanderten, stiessen sie auf einen Fluss. Kaum war dieser Fuchs in den Fluss getreten, so machte diese Schlange, zurückgeblieben, Halt. Der Fuchs sagte: 'Ha, Bruder, weshalb gehst du nicht vorwärts?' Sie sagte: 'Wenn ich so komme, wird mich, wenn ich nur in den Fluss getreten bin, der Fluss fortreissen'. Dieser Fuchs sagte: 'Wenn es so ist, komm, steige auf meinen Rücken.' Diese Schlange sprach: 'Wenn ich in den Fluss trete, werde ich mich nicht auf deinem Rücken halten können; wenn es so ist, werde ich mich um deinen Hals winden, und du trage mich aus dem Flusse'. Der Fuchs sagte: 'Es sei, Bruder !' Diese Schlange wand sich um den Hals des Fuchses. Kaum waren sie aus dem Flusse herausgekommen, blieb diese Schlange ohne loszulassen am Halse des Fuchses. Der Fuchs sprach: 'Steig herab, Bruder!' Die Schlange sagte: 'Was ist das für ein Wort herabsteigen? ich muss dich durch Erwürgung umbringen. Dieser Fuchs sagte: 'Da ich von dir umgebracht werde, so habe ich drei Worte als Vermächtniss ; ich werde sie dir sagen, du aber sage sie meinen Kindern'. Die Schlange sagte: 'Es ist gut, ich werde sie sagen.' Dieser Fuchs sagte: 'Meine Kehle ist zu eingepresst, ich kann nicht laut sprechen, lege dein Ohr an meinen Mund, ich werde es dir sagen.' Als diese Schlange ihr Ohr kaum an den Mund des Fuchses gelegt hatte, packte auch schon der Fuchs ihren Kopf, mit den Zähnen ihn haltend, ihn abbeissend, abbeissend warf er ihn auf die Erde. Diese Schlange wand sich sterbend hierhin und dorthin. Der Fuchs aber mit seiner Pfote sie gerade machend, sagte: 'He, Bruder, Bruder, beim Bruder muss man gerade sein; weshalb wirst du nicht gerade ?' «

Dass diese Fabel den oben besprochenen sehr nahe steht, dünkt mir höchst wahrscheinlich, obwol die Rollen des tragenden und des getragenen Thieres darin gewechselt sind und statt des letztern das erstere als das klügere erscheint und jenes überlistet.

*) Die Kürinen wohnen im südlichsten Theile des östlichen Daghestan.

C. Novellistik und Schwänke.

Von den drei Frauen.

(German. XXI, 385.)

Es findet sich in verschiedenen Ländern ein schwankhafter Novellenkreis, wonach gewöhnlich in Folge eines gemeinschaftlichen Fundes, zuweilen aber auch bei anderer Veranlassung drei Frauen übereinkommen, diejenige von ihnen als alleinige Besitzerin des Fundes oder als Siegerin anzuerkennen, die ihrem Manne den schlimmsten Streich gespielt hätte oder spielen würde, und nur die drei Frauen bei Morlini (s. unten XII machen hiervon eine Ausnahme. In dem Folgenden nun will ich diejenigen Formen dieses Schwankes zusammenstellen und kurz analysiren, die zu meiner Kenntniss gekommen sind, wobei ich durchaus nicht zweifle, dass noch mehr derselben an verschiedenen Orten umlaufen und auch gelegentlich noch zum Vorschein kommen werden. Jedenfalls erhellt schon jetzt, dass die einzelnen Streiche der Frauen in den mannigfachen Versionen, wie fast immer in dergleichen Sammelnovellen, theils mit einander ganz oder in der Hauptsache übereinstimmen, theils aber auch von einander verschieden sind. Ich beginne mit der ältesten mir erreichbaren Fassung, nämlich mit dem Fabliau

I. Des trois femmes qui trouvèrent un anneau.

(Le Grand, Fabliaux etc. Vol. IV.)

Die drei Frauen kommen überein, dass der Ring derjenigen gehören soll, die ihrem Manne den besten Streich spielen würde.

I. Der Mönch. Die erste Frau macht ihren Mann betrunken, schiert ihm dann eine Platte, zieht ihm eine Mönchskutte an und trägt ihn mit Hilfe ihres Liebhabers an die Pforte eines Klosters. Als der Mann sich beim Erwachen so in der Mönchstracht findet, denkt er, Gott habe ihn zum geistlichen Leben bestimmt und bittet den Abt des Klosters um Aufnahme in dasselbe. Da nun die Frau, hiervon benachrichtigt, herbeieilt und ganz verzweifelt thut, so ermahnt man sie, sich in Gottes Fügung zu ergeben und ihrem Manne vielmehr zu seinem frommen Entschluss Glück zu wünschen. Nach Le Grand findet sich dieser Streich auch in der metrischen Bearbeitung des Grand Caton, von welcher es mehre Bearbeitungen gibt, s. Grässe, Lehrbuch II, 2, 704 f. Hierher gehört auch der Streich der ersten Frau bei Keller

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