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zugiebt, 'Julius Caesar' ganz eng mit 'Henry V' zusammen, während das Hamlet - drama (1601-3) schon einen erheblich anderen stil aufweist.

Herford war selbst der richtigen datierung auf der spur, indem er hervorhob, dass Weever's Mirror of Martyrs nach den worten des verfassers schon zwei jahre vor der drucklegung (also 1599) druckfertig gewesen wäre.

Damit kämen wir auf das jahr 1599 als terminus ad quem, wenn, was doch kaum zu bezweifeln ist, jene verse in Weever's Mirror of Martyrs sich auf Shakespeares drama beziehen, und wenn sie nicht nachträglich eingeschoben sind.

In der that passen Weever's verse:

The many-headed multitude were drawn
By Brutus' speech, that Caesar was ambitious.
When eloquent Mark Antonie had shewn

His virtues, who but Brutus then was vicious?

durchaus nicht auf Plutarch's ganz abweichende darstellung, sondern nur auf Shakespeare's drama (vgl. Caes. III, 2, 27: "as he was ambitious, I slew him").

Aber ausser diesem giebt es für das jahr 1599 noch ein anderes zeugnis, welches allerdings erst vor kurzem bekannt geworden ist.

Gustav Binz hat in seinem sehr beachtenswerten aufsatz 'Londoner Theater und Schauspiele im Jahre 1599', Anglia XXII, 456 aus dem reisetagebuche des Basler arztes Thomas Platter (fol. 682 vo) folgendes mitgeteilt, was sich auf den aufenthalt Platter's in London im jahre 1599 bezieht:

"Den 21 Septembris nach dem Imbissen, etwan vmb zwey vhren, bin ich mitt [Fol. 683] meiner geselschaft über dz wasser gefahren, haben in den streuwinen Dachhaus die Tragedy vom ersten Keyser Julio Caesare mitt ohngefahr 15 personen sehen gar artlich agieren .."

Binz führt mit recht aus, dass mit dem erwähnten theater kaum ein anderes, als das neuerbaute Globus-theater gemeint sein kann; denn dieses lag in der that südlich der themse, und hatte ein strohdach.

Wieviel mitglieder die truppe des Lord - kämmerers im herbst 1599 zählte, wissen wir nicht genau; wir können es aber mit hilfe verschiedener angaben durch ein einfaches additions- und subtractionsexempel annähernd ermitteln (vgl. Fleay, Chron. Hist. of the London Stage p. 189, 370 ff.). Als

von dieser truppe im Juli 1598 Ben Jonson's lustspiel Every Man in his Humour aufgeführt wurde, wirkten, wie bekannt zehn schauspieler mit: Shakespeare, Burbadge, Philips, Hemings, Condell, Pope, Sly, Beeston, Kempe, Duke. Die drei letzteren waren im jahr 1599 wahrscheinlich abgegangen; dafür waren aber mindestens zwei schauspieler hinzugekommen, die in dem bekannten patent vom jahre 1603 aufgeführt werden: Armin und Cowley. Laurence Fletcher, der in dem patent ebenfalls, und zwar an erster stelle, erwähnt wird, dürfte der truppe des Lord Kämmerers im herbst 1599 noch nicht angehört haben; er war ja im winter dieses jahres in Schottland. Zu diesen neun bedeutenderen schauspielern kamen nun noch mindestens fünf untergeordnete, die in dieser zeit als diener des Lord-kämmerers nachweisbar sind: Sander Cooke, Sinkler, Tooley, Gilburne, Robert Gough; vielleicht auch noch Samuel Crosse und Andrew Young. George Bryan gehörte der truppe damals wohl nicht mehr an. Alles in allem also 14-16 schauspieler, genau der obigen angabe entsprechend. Unter diesen verhältnissen mussten natürlich bei einem stück, wie Shakespeare's Julius Caesar, die meisten schauspieler zwei bis drei (kleinere) rollen übernehmen, was ja auch sonst ganz gewöhnlich war. Das scenarium von Henry V setzt eine mindestens ebenso grosse anzahl von schauspielern voraus.

Die anderen theater begnügten sich, wie wir wissen, mit noch weniger schauspielerischen kräften: meist nur etwa zehn bis zwölf. Ohne zweifel wohnte also Platter einer vorstellung bei, welche die truppe des Lord-kämmerers im Globus-theater veranstaltete; es war ja auch nur natürlich, dass er von seinen englischen bekannten in das damals berühmteste theater Londons geführt wurde. Er hat gewiss Shakespeare selbst auf der bühne gesehen. Dass jenes stück etwa eine vor-shakespearische Caesar-tragödie gewesen, ist eine möglichkeit, die bei ihrer geringen wahrscheinlichkeit kaum in betracht gezogen zu werden braucht. Allerdings gab es eine (verloren gegangene) ältere tragödie, die denselben stoff behandelt; aber diese war ein lateinisches universitätsdrama (Oxford 1582), welches sicher nicht in einem volkstheater gespielt wurde.

Ausserdem gab es ein (ungedrucktes) stück 'Caesar and Pompey', welches 1594-95 mit geringem erfolge aufgeführt

wurde. Das kann aber nach Platter's wortlaut nicht gemeint sein.

Noch weniger ist an das ganz alte, übrigens sonst ganz unbekannte, stück 'Julyus Sesar' zu denken, welches im jahre 1562 vor der königin Elisabeth in Whitehall aufgeführt worden war.

Aber selbst wenn noch eine andere Caesar - tragödie existiert hätte, die ungedruckt und sonst ganz unbekannt geblieben wäre, so ist es doch ganz unwahrscheinlich, dass Shakespeare's truppe ein solches, offenbar ganz inferiores und obscures stück zu einer zeit aufgeführt hätte, wo ihr schon die schönsten und erfolgreichsten dramen ihres dichters zur verfügung standen. Noch unwahrscheinlicher, dass ein fremder von seinen bekannten gerade zu einem unbedeutenden und altmodischen stück geführt worden sein sollte.

Nun spricht aber endlich, abgesehen von stilistischen und metrischen indizien, noch ein innerer grund (der schon von H. Isaac hervorgehoben wurde) für eine frühere als die gewöhnlich angenommene datierung: der enge zusammenhang zwischen 'Henry V' und Julius Caesar.

Im prolog zum fünften akt des königsdramas (v. 25) kommen die verse vor, welche sich auf den einzug des siegreichen Heinrich V in London beziehen:

The mayor and all his brethren in best sort,
Like to the senators of the antique Rome
With the plebeians swarming at their heels,
Go forth and fetch their conquering Caesar in.

Also damals schwebten dem geiste des dichters die ersten scenen von Julius Caesar deutlich vor, wenn er sie auch vielleicht noch nicht ausgearbeitet hatte. Besonders ist zu vergleichen:

Caes. II, 4, 36:

The throng that follows Caesar at the heels

Of senators, of praetors, common suitors,
Will crowd a feeble man almost to death.

Da unmittelbar auf jene verse in Henry V die bekannte anspielung auf Essex' irische expedition folgt, so wissen wir ziemlich genau, wann Sh. begonnen hat, die Caesar-tragödie zu gestalten: innerhalb der monate April bis September 1599.

Die aufführung des Julius Caesar, welcher Platter am 21. Sept. beiwohnte, muss eine der ersten gewesen, Shakespeare's grosse Römertragödie muss im frühjahr bis frühherbst dieses jahres gedichtet sein.

Nun können wir auch eine bisher unerklärte parallelstelle in Ben Jonson's Every Man out of his Humour erklären. Dort beginnt Clove, der phrasennarr, einen seiner schwülstig-unsinnigen sätze (akt III, sc. I) mit den worten:

Then coming to the pretty animal, as reason long since is fled to animals, you know etc.

Darin liegt doch eine sehr deutliche anspielung an die worte, welche in Jul. Caes. III, 2, 109 Antonius in der berühmten leichenrede spricht:

O judgement! thou art fled to brutish beasts

And men have lost their reason.

Es ist bekannt, dass der pedantische Jonson Shakespeare wegen eines anderen, scheinbar unlogischen satzes, aus Julius Caesar verspottete. Diese anzapfung hier ist nur darum nicht erkannt oder ironisch bei seite geschoben worden, weil bisher allgemein angenommen wurde, dass das lustspiel Jonson's vor dem Julius Caesar gedichtet wäre.

Nun wissen wir aber jetzt (vgl. Small, Stage-Quarrel p. 22), dass Ev. M. out of his Hum. erst im winter 1599-1600 zur aufführung gelangte. Jedenfalls ist das stück unmittelbar vorher gedichtet worden.

Offenbar hat also Ben Jonson nach seiner manier hier einen kleinen satirischen hieb gegen Shakespeare's Römerdrama geführt, welches damals ganz neu war.

Nachdem also vier schwerwiegende gründe für das jahr 1599 als entstehungszeit des Julius Caesar vorgebracht sind, wird man nicht wieder das jahr 1601, welches aus inneren gründen fast unmöglich ist, geltend machen dürden.

Mit der neuen datierung fällt ein neues licht auf die entstehung und die bedeutung der Römertragödie. Sie kann jetzt im zusammenhang der zeitereignisse und der stimmungswandelungen des dichters beurteilt werden. Zwar die wahl des stoffes ist auch ohne actuellen anlass erklärlich. Es war nur natürlich, dass der dichter, nachdem er nach beendigung des zweiten historiencyclus seinen Holinshed zugeklappt hatte, den

Plutarch aufschlug, in dem er gewiss vorher schon oft gelesen; leicht begreiflich auch, dass seine phantasie, nachdem sie sich mit Heinrich V, dem besieger Frankreichs, beschäftigt, sich dem ersten eroberer Galliens zuwandte. Von allen historischen gestalten hat offenbar Julius Caesar den dichter am meisten interessiert, wie aus zahlreichen anspielungen, auch in früheren dramen, hervorgeht.

Stoffe aus der römischen geschichte waren nicht nur in akademischen, sondern auch in volkstümlichen dramen immer noch beliebt: Scipio Africanus, Marius und Sulla, Catilina, Caesar und Pompejus waren stücke, die diesem Römerdrama vorangingen. Eine fortsetzung zu dem anonymen (ungedruckten) stück 'Caesar und Pompey' zu schreiben, lag ausserordentlich nahe. Wir können deutlich, aus mehrfachen anspielungen, erkennen, wie die phantasie Shakespeare's von verschiedenen seiten her (Brutus, Portia, Pompejus, Cato, Antonius, Cicero) sich diesem dramatischen vorwurf mehr und mehr nähert. Die anspielungen auf die kriege des Pompejus und auf Marcus Antonius in H 5 (II, 1, 70; III, 6, 15) sind besonders interessant.

Dieser dichterische stoff drängte sich also Shakespeare ganz von selbst auf.

Aber die tendenz der charakterzeichnung ist sehr bemerkenswert. Allgemein ist ja die idealisierte und sympathisch gefärbte darstellung der verschwörer (insbesondere des Brutus) aufgefallen, welcher allerdings durch Plutarch vorgearbeitet war, und andererseits die fast karikierte schilderung des Julius Caesar, den der dichter sonst so sehr bewunderte.

Diese verteilung von licht und schatten steht in einem gewissen gegensatz zu der durchaus königstreuen haltung, die der dichter noch in dem unmittelbar vorher gedichteten drama von Heinrich V an den tag legte. Wenn wir indessen spätere sonette und dramen wie "As you like it", "Hamlet", vergleichen, so drängt sich die überzeugung auf, dass der dichter in jener zeit allmählich in eine stimmung und anschauungsweise hineingeriet, welche fast als sympathie mit verschwörern, und jedenfalls als starke antipathie gegen den hof und höfisches leben bezeichnet werden kann.

Der grund des stimmungsumschlags ist auch unschwer zu erraten. Shakespeare's gönner, graf Southampton, war schon

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