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wicklungsgeschichte der Textgestaltung des Diálogo zu Tage: Gruppe I wird dargestellt durch die Ausgabe von Venetia 1544. Ich bezeichne sie im folgenden mit dem Kennwort Venetia und der Abkürzung V. Sie enthält, trotz allem was verschiedene Bibliografen über sie und die späteren Ausgaben bemerkt haben, von sämtlichen Diálogo-Drucken den vollständigsten Text.

Gruppe 2

wird gebildet von den Ausgaben ohne Ort 1546 und Venetia 1553 3. Beide enthalten den von Blasco de Garay gereinigten Text. Kennwort Garay, Abkürzung, G. Die Textverstümmelung geschieht auf dreierlei Art; sie ist erstens rein sprachlich, indem einzelne Wörter oder Ausdrücke durch ähnliche gleichwertige ersetzt werden, sei es dass der Herausgeber das Versmass oder den Wohlklang des Satzes oder die grammatische Struktur bessern zu müssen glaubt; sie ist zweitens inhaltlich, indem einzelne Ausdrücke oder Wendungen oder ganze Verse, die religiös oder moralisch anstössig waren, durch harmlosere ersetzt wurden; sie besteht endlich drittens in der Streichung von anstössigen Versen oder Versgruppen, ohne dass das Gestrichene irgendwie

1. Man vergleiche insbesondere Ticknor, spanische Uebersetzung II, 499, deutsche Uebersetzung II, 754, Salvá Nr. 1676.

2. Eine Ausgabe von Toledo, 1546, Juan de Ayala (= FoulchéDelbosc Nr. 3 bis), die bei Ticknor, spanische Uebersetzung II, 499 zitiert ist, aber bis jetzt noch nirgends festgestellt zu werden vermochte, konnte, wenn sie wirklich existiert, schon der Inquisition wegen nur ein Nachdruck von G sein.

3. Eine genaue Beschreibung der Ausgabe Processo de cartas de amores... Venetia 1553 findet man bei Bongi, Annali di Giolitto de Ferrari I, 392. Aus dieser Ausgabe hat Salvá (Nr. 1676) das auf die Nonnen bezügliche Kapitel abgedruckt, in der Annahme, es sei dies die einzige Stelle, die es enthalte. Kurz darauf stellte aber bereits Durán (Romancero, I, p. LXXIII) fest, dass es sich bereits in der Ausgabe ohne Ort 1546 befinde. In der Tat hat der Herausgeber des Processo de cartas den Diálogo, der bei ihm Bl. 96-120 steht, einfach aus dem Druck von 1546 übernommen.

4. Seine Vorrede steht auch bei Gallardo, Ensayo, Nr. 1669.

ersetzt worden wäre. Die an erster Stelle genannten Aenderungen sind inhaltlich ohne Bedeutung und daher ohne Einfluss auf den Gesamteindruck des Diálogo gewesen. Die an zweiter und dritter Stelle genannten, also die eigentlich inquisitorialen Eingriffe erstrecken sich bei dieser Gruppe auf insgesamt 98 Verse, von denen 12 im Sinne des Zensors gemildert, 86 aber gänzlich unterdrückt wurden 2. Was dabei zu Verluste ging, habe ich in der bereits mehrfach zitierten Untersuchung wie folgt zusammengefasst: « Wo dem Zensor ganze Strophen zum Opfer gefallen sind, enthielten sie Anspielungen auf die Bigamie der Fürsten, auf den ausserehelichen Beischlaf, auf die Liebes-Tändeleien mancher zuchtloser Nonnen, auf die Fleischeslust als den Hauptzweck des menschlichen Körpers, und schliesslich auf die Vorteile eines Gesetzes, das gestatten würde, die Frauen nach Bedarf und Belieben zu kaufen und zu verkaufen. Wo einzelne Verse ausgemerzt und durch andere, zum Teil mit vollständig anderem Inhalt, ersetzt wurden, waren sie entweder gefährlich für Religion und gute Sitte, oder sie enthielten allzu deutliche Hinweise, wie zum Exempel der Vers, in dem als Schauplatz der erwähnten Vorgänge die gute Stadt Valladolid genannt wird ». Eine eigenmächtige Zutat von Garay, die sich dann bis zu den neuesten Ausgaben herauf erhalten hat, war die Einteilung des ganzen Gedichtes in sechs Kapitel (bei der Gruppe Velasco sind es deren fünf), denen er folgende Ueberschriften gab: Casadas (hier Vers 435 mit 755), Doncellas (756 mit 1374), Monjas (1375 mit 1949), Viudas (1950 mit 2409), Solteras (2410 mit 2960), Alcahuetas (2961 mit 3764). Gruppe 3 umfasst die Ausgabe von Madrid 1573 und

1. Vers 1403, 1404, 1428, 1429, 1432, 1501, 1518, 1523, 1532, 1781, 1782, 1787.

2. Vers 465 mit 474 ; 984 mit 989; 1705 mit 1709; 1715 mit 1759; 3235 mit 3239; 3720 mit 3734.

alle folgenden bis zu der von Ramón Fernández (Madrid 1792) einschliesslich. Der Expurgator von Madrid war Juan López de Velasco; Kennwort der ganzen Gruppe ist daher Velasco, Abkürzung Vel. Die Textverstümmelung geschieht auf dieselbe dreifache Art wie bei Garay, nur dass Velasco in jeder dieser drei Arten noch ein gutes Stück über Garay hinausgeht. Die rein sprachlichen Veränderungen sind, wie dort, ohne Bedeutung für den Ideengang der Dichtung. Auf dem Gebiet der sogenannten inquisitorialen Eingriffe aber übernimmt Velasco nicht nur unbesehen alle Korrekturen und Streichungen des Garay, sondern geht mit grosser Strenge selbständig vor er mildert wesentlich Vers 33, 1194, 1957, 2149, 2898 und eliminiert den ganzen von den Nonnen handelnden Abschnitt (hier Vers 1375 mit 1949) vollständig, nachdem bereits Garay aus diesem gefährlichen Kapitel fünfzig Verse weggelassen hatte. Velascos Eingriffe erstrecken sich also unter Einrechnung der von Garay übernommenen auf insgesamt 554 Verse, darunter 526 gänzlich unterdrückte.

Gruppe 4 wird gebildet von der durch Adolfo de Castro in der Biblioteca de Autores españoles Bd. 32 (Madrid 1854) veranstalteten Ausgabe, die eine Kombinierung der Gruppen 2 und 3 darstellt. Castro hat, trotzdem er es (p. 193, nota 48) ausdrücklich behauptet, die editio princeps nicht gekannt. Seine Ausgabe des Diálogo, die in einer volkstümlichen Sammlung (Biblioteca universal Nr. 36) nochmal nachgedruckt wurde, ist deswegen nicht minder lückenhaft und ungenau als die des Blasco de Garay. Kennwort Castro, Abkürzung C.

Die vorliegende Neuausgabe ist nach folgenden Grundsätzen hergestellt die editio princeps von 1544 vertritt die Stelle nicht vorhandener Manuskripte. Sie bildet nicht nur die älteste, sondern auch die weitaus vollständigste Version

1. Seine im Vorwort gegebene eigene Rechtfertigung steht auch bei Gallardo unter Nr. 1674.

und liegt der vom Dichter gewollten Fassung wahrscheinlich am nächsten. Sie liefert daher auch den Wortlaut des Textes. Spätere Drucke werden lediglich zur Berichtigung zweifelhafter Stellen, zur Verbesserung offenkundiger Druckfehler und als gelegentliche Stütze für die völlig neu zu ordnende Interpunktion verwendet. Ueber die zu wählende Orthographie konnte kein Zweifel sein. Von allen Drucken kommt die editio princeps zeitlich und formell der von Castillejo vermutlich gebrauchten Schreibung am nächsten; ihre orthographische Form musste daher soviel wie möglich gewahrt bleiben. An Varianten wurde das Wesentlichste aus jeder der drei Hauptgruppen Garay, Velasco, Castro angeführt, um das Verhältnis der verschiedenen Fassungen untereinander und zum Original auch noch in Einzelheiten zu illustrieren.

Der Direktion der Staatsbibliothek in München, die mir das seltene, aus der berühmten Fugger-Sammlung stammende Exemplar in grosszügiger Weise zu Abschrift und Photographie überlassen hat, möchte ich auch an dieser Stelle den gebührenden Dank zum Ausdruck bringen. Johann Jakob Fugger's selbst aber, des gottbegnadeten Mäzens und Bücherfreundes, dem wir die Erhaltung des kostbaren Druckes verdanken, glaube ich nicht würdiger gedenken zu können, als dadurch dass ich auch die Leser dieser weltumspannenden Zeitschrift auf seine Spuren leite. An seinen Namen knüpft sich nicht nur der Ruhm, der Mitbegründer einer der bedeu

1. Nur die Eigennamen wurden einheitlich mit grossen Anfangsbuchstaben versehen; dagegen erschien es nicht angebracht, Wörter wie se und sé, que und qué, hablo und habló durch den Akzent zu unterscheiden. Als das Muster eines sauberen, korrekten und in jeder Beziehung sorgfältigen Druckes in der mit Castillejo gleichzeitigen spanischen Orthographie darf etwa die berühmte Doppelausgabe gelten: Las Obras de Boscan y algunas de Garcilasso de la Vega repartidas en quatro libros. En Barcelona, en la officina de Carles Amoros. 1543, in-4.

tendsten modernen Bibliotheken des Kontinents gewesen zu sein, er hat im besonderen auch enge Beziehungen zu Spanien unterhalten, Interesse für spanisches Volks- und Schrifttum besessen und unter seinen Bücherschätzen eine mit Verständnis und Geschmack ausgewählte spanische Sammlung von einigen 250 Bänden sorgsam gepflegt 1.

Ludwig PFANDL.

1. Man vergleiche über ihn vor allem OTTO HARTIG, Die Gründung der Münchener Hofbibliothek durch Albrecht V. und Johann Jakob Fugger. München 1917. 412 S. in-4.

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