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Detektivsensation und Indianerromantik streifen. Kurz, spannende Unterhaltungslektüre, die ein Ermüden des Interesses ausschliesst, sich aber nicht immer in den Grenzen edlerer Erzählungskunst bewegt.

(Theodor Heinrich M a y e r, Von Maschinen und Menschen. L. Stackmann, Leipzig 1915.) O. Ebermann.

Fürsten ohne Krone.

H. G. Wells hat in Modern Utopia' den Gegensatz zwischen älteren und modernen Utopien ungefähr so präzisiert: Während die Utopien vor Darwin einen dauernden Idealzustand entwarfen, der wegen seiner Starrheit an der Vielgestaltigkeit der Individuen und der Verschiedenheit der Generationen zu Grunde gehen musste, zeichnen moderne Kulturträumer eine entwicklungsfähige Form des Gemeinschaftslebens, die sich den veränderten Bedürfnissen und Anschauungen nachwachsender Generationen anzupassen vermag. Doch sind auch diese modernen Idealbilder von dem gegenwärtigen Stande der Dinge durch einen scharfen Schnitt getrennt und beruhen auf ganz anders gearteten kulturellen Voraussetzungen. Knüpft aber der Entwurf einer Zukunftskultur an die Gegenwart unmittelbar an, so hört er auf eine Utopie zu sein und wird zum praktischen Kulturprogramm. Als solches will Heinrich Nienkamps Zukunftstraum „Fürsten ohne Krone" aufgefasst werden, das der Vita-Verlag gerade jetzt während des Krieges erscheinen lässt,,,nicht wie es vor dem Kriege hätte erscheinen können, als der Verwirklichung fernstehender Träume, sondern als ernstgemeinte Richtlinien für das uns fehlende dringend nötige Kulturreich." Dieses Kulturreich soll sich auf der Grundlage der bestehenden staatlichen und gesellschaftlichen Verhältnisse entwickeln als ein drittes, über dem Staat und der Kirche stehendes, um allmählich die Menschheit gleich einem Sauerteig zu durchdringen. Die Hauptaufgabe des Kulturreiches besteht darin, planmässig die wertvollsten Menschen für die Allgemeinheit nutzbar zu machen. Das geschieht in der Weise, dass zahlreiche Kulturvereine von beschränkter Mitgliederzahl die wertvollsten Männer oder Frauen aus ihrer Mitte bezeichnen, die wiederum zu einer Gemeinschaft zusammengeschlossen, ihre Besten entsenden, so dass durch weiteres Sieben eine Pyramide mit einem Kulturkönig an der Spitze entsteht. Bei der Durchführung dieses Planes soll das Geld Vorspanndienste leisten, denn,,man muss die meisten Menschen erst materiell anregen, ehe man sie für das Ideale nutzbar machen kann". Durch Jahresgehälter von einer für unsere Begriffe fabelhaften Höhe soll den Kulturführern völlige Unabhängigkeit gewährt werden und hinreichende Musse, sich ihrer Aufgabe der Ausbreitung der Kultur zu widmen. Alle Mitglieder der zunächst Europa umfassenden Kulturorganisation umschlingt das einigende Band des Esperanto, dessen sich auch die gemeinsame Presse bedient. Schliesslich besteht mit der Kultur

pyramide anscheinend nur lose zusammenhängend eine geschäftliche Organisation, deren Zweck es in der Hauptsache ist, neue Gedanken daraufhin zu prüfen, ob sie wirtschaftlich fruchtbar sind und ihnen gegebenen Falls zum Durchbruch zu verhelfen. Der Gesamtplan dieser Organisation ist nur flüchtig skizziert und ermangelt — wie das bei technischen Problemen so häufig der Fall ist der Durcharbeitung in den Einzelheiten. Als Form hat Verfasser eine Erzählungsweise gewählt, die mit Hilfe der Stiftung eines amerikanischen Multimilliardärs die Entwicklung des Kulturreiches von seinen Anfängen bis zum vollkommenen Siege vor Augen führt. Diese Entwicklung wird begleitet von dem kritischen Chor einer Anzahl von Zeitungen verschiedenen Parteistandpunktes, die schliesslich alle zu Parteigängern des sieghaften Kulturgedankens werden oder an ihrem Widerstande zu Grunde gehen. Das Verhältnis des Kulturreiches zu Staat, Kirche, Sozialdemokratie und Freimaurerlogen wird klargelegt. Wie alle Kulturträumer ist Verfasser starker Optimist und von der Erfüllbarkeit seiner Forderungen durchdrungen, vorausgesetzt, dass es gelänge, den nötigen Grundstock an Kapital zu schaffen. Der Kapitalbeschaffung für die Durchführung eines Kulturgedankens scheinen uns indessen die Zeitläufte denkbar ungünstig zu sein, und so werden wir wohl die Ausführung vertagen müssen ad Kalendas graecas!

(Heinrich Nien kam p, Fürsten ohne Krone. Vita, Deutsches Verlagshaus, Berlin-Charlottenburg 1916. 367 Seiten, brosch. 4,50 M.) Dr. O. Ebermann.

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Unter den im Sturme des Krieges entstandenen Plänen für die kommende Friedenszeit nimmt das Bauprojekt der Firma H. Bahlsens Keks-Fabrik, Hannover: „Die TetStadt" nach Umfang, Eigenart und kultureller Bedeutung einen hervorragenden Platz ein. Weit draussen vor der heutigen, eigentlichen Stadt, auf angeschlossenem aber noch freiem Gelände am Mittellandkanal soll dieser gewaltige Bau entstehen. Der Baukomplex wird von der Podbielskistrasse durchschnitten, die in scharfer, endloser. Linie aus der Stadt in die nördlichen Vororte führt. Zwischen ihr und dem Kanal wird die Fabrik stehen, auf einem Gelände von etwa 400 zu 300 Metern. Jenseits der Strasse breitet sich die Stadt, noch grösser im Umfange als der Fabrikplatz.

. Die Bauherrin ist seit langem als die Förderin der Kunst in Handel und Industrie bekannt. Sie setzt sich mit dem neuen Projekt an die Spitze dieser zeitgemässen Bewegung. Dem gegenwärtigen Bestreben unserer Besten entsprechend: sich in Kunstdingen vom Akademischen, vom überkommenen Dogma abzuwenden, entstand hier die Idee, das subjektiv Gefühlsmässige, das allein vom hinderlichen, kulturwidrigen Kunstrezept frei machen kann, in einer Architektur sprechen zu lassen. Das ist ein kühner Bruch mit der Ueberlieferung. Bahlsen fühlte die Verpflichtung, mit dem neuen Bau, der durch seinen Umfang schon ein öffentliches Interesse haben muss, der Mitwelt etwas dem Zeitempfinden Entsprechendes zu geben. Sein Bestreben: alles, was er für den täglichen Gebrauch schafft, mit künstlerischem Geiste anzufüllen, kam schon in den vor einigen Jahren entstandenen Fabrikbauten zum

Ausdruck. Heute hat die Erfüllung dieses Programms eine noch wesentlich höhere Bedeutung, da die gegenwärtige

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Zeit künstlerisch unter ganz bestimmten Zeichen steht.
Da ists geschichtlich ungeheuer wertvoll, das jetzige in-

tensive Zeitempfinden durch ein dauerndes Denkmal der Nachwelt zu überliefern.

Es galt, um das fertig zu bringen, zunächst, sich über Vorurteile grosszügig hinwegzusetzen. Deshalb rief B a h l sen nicht nach dem Baufachmann, sondern nach dem Künstler. Und zwar nach einem Künstler, dessen Sinn und Wesensart auf das Monumentale gerichtet ist und ihm für eine solche Arbeit geeignet erschien. Es ist der Bildhauer Professor Bernhard Hoetger.

Seine Pläne für die eigentliche Fabrik gefallen. Sie sind eigenartig, und es erscheint gewagt, den Bau als Einzelstück hinzusetzen auf die Gefahr hin, dass er in der später hinzukommenden Umgebung als Fremdkörper empfunden wird. Folgerung: Man muss diese Umgebung selbst schaffen! So entstand der Plan der Stadt.

Sie beginnt der Fabrik gegenüber in 300 m Breite und erweitert sich nach dem Stadtwalde,,Eilenriede" zu fächerförmig. Eingeleitet wird sie durch einen Platz von 60 zu 150 Metern, in dessen Mitte sich die Tetsäule erhebt. Die 60 m breite Tetstrasse mit Rasenflächen, Baumbeständen, Wasserbassins mündet auf einen zweiten grossen Platz mit einem Theater. Breite Alleen, die nach den Seiten hinausführen, Häuserkomplexe mit weiten Anlagen und Schmuckplätzen schaffen ein Beispiel von Platzgestaltung. Das Ganze ist in städtebaulicher Hinsicht ein wertvolles Muster.

Die Fabrikanlage wirkt durch die sie umfassenden, organisch ineinandergreifenden Einzelgebäude absolut als grosse Einheit. Durch das Hauptportal 40 m breit und 13 m hoch gelangt man in den Vorhof. Hier erhebt sich der seiner Bedeutung entsprechend streng gegliederte hohe Repräsentationsbau. Danach eine Querstrasse mit seitlichen Einfahrten. Dann die hauptsächlichen Fabrikgebäude, in deren Mitte das Maschinenhaus steht. Es wird überragt durch einen hohen Turm, der Schornstein und Wasserbehälter in sich birgt. Hinter der zweiten Querstrasse stehen am Kanal die zehnstöckigen Lagerhäuser mit gewaltigen Strebepfeilern, an denen die Hebekräne angebracht sind.

Als Baumaterial ist roter Ziegel gedacht, der das Bodenständige betonen soll.

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