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raten und versteckt den ganzen technischen Teil unsichtbar hinter die ornamentierten Wände des Sockels.

Auch in seiner erwähnten Fachbeschreibung schweigt Speckhart sich über die Ausführung der Räder, Zahnkurven, Zapfen, Lager usw. gänzlich aus. Warum? Sie sind durchaus modern. Vitruvius beschreibt zwar die Wasseruhr des Ktesibios, aber wo sagt er uns denn, daß die Wassertropfen einzeln aus dem Auge einer weiblichen Figur herausfallen? Vitruvius sagt das überhaupt nicht, wohl aber der phantastische Dubois.

Ein solches ewiges Weinen wirkt an der Münchener Uhr noch in erhöhtem Maße komisch, weil jede einzelne Träne fast so dick ist, wie das Auge der Figur selbst. Es sieht aus, als ob die Frauengestalt Seifenblasen aus ihrem Augenwinkel hervorpresse. Man hätte sich sicherlich in Rom über ein derartiges geschmackloses Schaustück öffentlich lustig gemacht, und dann hätte uns gewiß einer der römischen Satyriker eine handfeste Bemerkung über diese weinende Uhr hinterlassen, Leider aber schweigen sich die sonst so gesprächigen Satyriker hier gänzlich aus.

Muß man den Text des Vitruvius, der allerdings von einem Oculus" spricht, bei technischen Rekonstruktionen mit den Lateinkenntnissen eines Quintaners entwirren? Hat Oculus nicht auch noch rein technische Bedeutungen, wie dies uns bei vielen Wörtern (z. B. Stirn, Nase, Ohr, Auge, Bär, Sau, Hund, Schlange, Fuß, Bein, Arm, Klaue, Hals, Kopf usw.) doch auch der Fall ist. Oculus heißt hier weiter nichts wie: feine Oeffnung.

Vitruvius spricht von den Schwierigkeiten, die eine genaue Abmessung des ausfließenden Wassers machen. So mußte man schon die Ausflußöffnung mit Gold oder Edelstein füttern, und in ihr einen kleinen verschiebbaren Regulierkegel anbringen. Hätte man nun also mit vieler Mühe den ausfließenden Tropfen reguliert, würde ihn dann ein verständiger Mensch der wechselnden Außentemperatur preisgeben, damit er nun mehr oder weniger von seinem kleinen Inhalt durch Verdunstung abgeben kann?

Liest man den Text von Vitruvius kritisch, so kommt eine viel einfachere Wasseruhr zustande. Es weint keine Figur, sondern es zeigt nur eine Figur die Zeit von einem Schwimmer aus auf einer mit Kurven versehenen Säule. Wie diese Uhr aussieht, habe ich in Abbildung 778 meiner Technik der Vorzeit" (1914) nach der sehr beachtenswerten Studie von Max C. P. Schmidt, Die Entstehung der antiken Wasseruhr, Leipzig 1912, gezeigt.

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Zur Geschichte der ältesten Jagd-Feuerwaffen.

Von Franz M. Feldhaus.

(Mit Abbildung.)

Bis zur Mitte des 16. Jahrhunderts waren Bogen, Armbrust und Spieß die beliebtesten Jagdwaffen. Feuergewehre, die zu Anfang des 16. Jahrhunderts noch recht plump waren, wurden damals im Frieden fast nur zum Scheibenschießen benutzt. Abgebildet wird das Gewehr mit Luntenschloß und Kolbenschaft in einem Einladungsschreiben des Kölner Magistrats zu einem Schützenfest im Jahre 1501. Das ganze Einladungblatt ist abgebildet in: Eugen Diederichs, Deutsches Leben, Jena 1908, S. 207 (Feldhaus, Technik 1914, Abb. 298 als Ausschnitt).

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Das Jagdgewehr wird wohl zuerst in dem Verzeichnis der Harnaschkammer... des Harnaschmaister Khleberger" Khleberger" erwähnt,

das in den Jahren 1497 bis 1508 für Kaiser Maximilian angefertigt wurde. Es heißt dort, es sei vorhanden gewesen eine zwiefache Pürschbüchsen", also eine doppelläufige Büchse für die Jagd.

Die älteste bildliche Darstellung der Jagd mit dem Feuerrohr schien mir bisher ein Kupferstich von A. Hirschvogel zu sein, der auf das Jahr 1545 datiert ist (Feldhaus, Technik, Abbild. 287).

Jetzt finde ich in einem Buch, das ich schon viele Jahre besitze, ein Jagdgewehr vom Jahre 1502 abgebildet. Die Darstellung

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steckt in der linken oberen Ecke eines Bildes, das das Leben auf dem Lande darstellt. Es ist ein von Bartels in seinem Buch Der Bauer" (Leipzig 1900, Abbild. 18) reproduzierter Holzschnitt aus der Straßburger Virgil-Ausgabe von 1502. Nebenstehend habe ich einen Ausschnitt des Bildes reproduziert. Man sieht, wie der Jäger sein Gewehr an der rechten Wange anlegt. Diese Art der Handhabung des Gewehrs war damals nicht allgemein üblich, denn noch 1519 wird besonders hervorgehoben, daß 150 Nürnberger Schützen,,am wang abschießen" konnten (Anzeiger f. d. Kunde deutscher Vorzeit, 1865,

Seite 469).

Besprechungen.

Germanische Altertumskunde.

Technik.

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Reallexikon der germanischen Altertumskunde. Unter Mitwirkung zahlreicher Fachgelehrter herausgegeben von Joh. Hoops. Erster Band A-E. 1911-13. 642 Seiten mit 47 Tafeln und 62 Textabbildungen.

Strassburg

Nachdem erst vor wenigen Jahren zwei umfangreiche Nachschlagewerke über Vorgeschichte erschienen sind, ist jetzt ein neues großzügiges Werk im Erscheinen begriffen, das eine Gesamtdarstellung der Kultur der germanischen Völker von der ältesten Zeit bis ins 11. und 12. Jahrhundert hinein geben will. Der Hauptwert des Buches liegt in den sprachwissenschaftlichen und kulturgeschichtlichen Teilen; der archäologische Teil ist mit Ausnahme weniger Artikel leider sehr minderwertig. Was die Behandlung der Technik und der verwandten Gebiete anbetrifft, so finden wir eine Reihe recht guter und brauchbarer Zusammenfassungen (z. B. Fuhse über Amboß, Backofen, Drehbank; Ebert über Bohrer), neben denen eine Reihe ganz minderwertiger Erzeugnisse steht. Im allgemeinen hat man den Eindruck, daß der Technik bei der Anlage des Werkes nicht die Bedeutung zuerkannt worden ist, die sie verdient. Eine große Anzahl von Stichwörtern ist gänzlich ausgefallen, z. B. Beleuchtung. Ich persönlich habe den Eindruck, daß man zu dem Werke in Fällen, in denen man Belehrung sucht, auch immer nur mit dem Ergebnis greifen wird, daß das, was man sucht, dort auch nicht zu finden ist. Hugo Möte findt.

Ein weiterer Fehler des Werkes ist das Fehlen von Verweisen. Man muß,,wissen", wo ein Begriff ins Alphabeth des Buches eingereiht ist, um ihn schnell finden zu können. Auch kommen die Fortsetzungen zu langsam aus der Presse, F. M. Feldhaus.

Kulturgeschichte. W. Soltau, Die Kultur der ältesten Kulturvölker. Prometheus XXVI, 1914. Seite 158 und 172.

W. Soltau nimmt in diesem Aufsatze zu einem der wichtigsten Probleme der Geschichtsforschung_Stellung, nämlich zu der Frage, ob die Menschheit von einem Punkte aus sich zu einer menschenwürdigen Bildung erhoben hat, oder ob an den verschiedensten Stellen der Erde zu den verschiedensten Zeiten eine selbstständige Entstehung der Kultur anzunehmen ist. Da für die Geschichte der Technik dieses Problem von der größten Bedeutung ist, möchte ich auf Wunsch des Herausgebers dieser Zeitschrift zu den Ausführungen Soltaus eingehend Stellung nehmen.

Soltau bietet uns in seinen Ausführungen gewissermaßen ein Glaubensbekenntnis: er offenbart sich uns als ein überzeugter Anhänger der Anschauung, die man am einfachsten mit dem Schlagwort,,Ex oriente lux" kennzeichnet, und er bekennt sich damit als

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Anhänger der alten Weltanschauung", die eigentlich heute überwunden sein sollte, im allgemeinen auch wohl bereits überwunden ist. Als originale Kulturzentren der alten Welt sieht Soltau die Euphratländer und Aegypten an. ,,Sinear-Babel und Aegypten sind die Geburtsstätten der antiken Kultur gewesen. Diese beiden Länder waren die Zentralsonnen, von denen aus in Religion und Kunst, in Gewerbe und Industrie, in Wissenschaft und Literatur die übrigen Völkerschaften des Orientes erleuchtet und unterwiesen sind." Diese Sätze brauchen heute eigentlich nicht erst widerlegt zu werden. Soltau ist ja nicht der erste, der eine derartige Anschauung ausspricht, und er wird wohl auch nicht der letzte Anhänger dieser Anschauung sein, wenn man auch mit Vergnügen feststellen kann, daß die Gegenpartei seit Jahr und Tag immer mehr Anhänger gewinnt und die Hoffnung wächst, daß einst der Tag kommen wird, an dem ihr der endgültige Sieg zuerkannt wird.

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Bei dieser Gelegenheit möchte ich einmal gegen den Mißbrauch Einspruch erheben, den heute weite Kreise so auch Soltau mit dem Worte Kulturzentrum" treiben. Der Begriff „Kulturzentrum" läßt sich auf Babylonien in der Zeit um 2000 v. Chr. anwenden, denn hier floß wirklich in einem Zentrum die ganze Kultur zusammen, nämlich in der Stadt Babylon selbst. In Aegypten dagegen hat es ein derartiges Zentrum nie gegeben. Offenbar liegt hier eine Gleichstellung des Begriffes Kulturkreis" mit dem Begriff,,Kulturzentrum" vor; Kulturkreis und Kulturzentrum sind jedoch zwei ganz verschiedene Begriffe, die man jederzeit möglichst scharf und logisch unterscheiden muß.

Von beiden Ländern, Aegypten und Babylonien, sollen nach Soltau in Kunst und Wissenschaft, in Gewerbe und Industrie u. a. m. zunächst die übrigen Völker des Orientes, dann aber auch die ganzen Völker des Altertums und, da die heutige Kultur auch nur auf einer Weiterbildung der Antike beruht, auch die Völker der Neuzeit erleuchtet und unterwiesen sein.

Und nun das, was uns als das Bedeutendste an dieser Entwicklung in die Augen fällt. Die viele Jahrtausende umschließenden Kulturen, welche trotz aller Eigenartigkeit parallel nebeneinander hergegangen, sind bei beiden Völkergruppen originale Schöpfungen. Ein Zusammenwirken, ein Entlehnen herüber und hinüber, hat nicht stattgefunden, oder doch erst, als alle wesentlichen Teile des Kulturlebens bereits voll entwickelt waren. Erst gegen Ende des dritten Jahrtausends haben nähere Beziehungen zwischen beiden Kulturzentren bestanden, welche dann auch mehr und mehr zum Austausch des Gefundenen und Erlernten, weniger jedoch zu neuen, selbständigen Induktionen geführt haben." Daran knüpft Solta u folgende Ausführungen, die wir uns nicht versagen können, gleichfalls im Wortlaut wiederzugeben:,,In früheren Zeiten war allerdings die Methode herrschend, Aehnlichkeiten in den Kulturen verschiedener Länder auf ethnographischem Wege, d. i. auf die Verwandtschaft der Völker, zurückzuführen. Diese Methode beruhte auf Fehlschlüssen. Die Produkte der Kultur, Werkzeuge, Fabrikate, Kunstfertigkeiten werden allerdings oft durch den Handelsverkehr den Nachbarvölkern mitgeteilt. Manche Künste und Ideen werden gleichfalls nicht selten durch Uebertragung den benachbarten Völkern entnommen sein. Daneben aber war bisher viel zu wenig beachtet geblieben die Möglichkeit, ja die Wahrscheinlichkeit, daß bei der Verwandtschaft der menschlichen Natur ähnliche Gebilde überall spontan entstehen können... Um so mehr ist daher auch, so weit nicht offenkundige Entlehnung stattgefunden hat, die selbständige Entwickelung der beiden ältesten Kulturländer anzuerkennen und in ihrer Bedeutung zu würdigen." Diese Bemerkungen

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