GESCHICHTE DER RENAISSANCE FRANKREICHS VON WILHELM LÜBKE. Mit Illustrationen. AB 260 STUTTGART. VERLAG VON EBNER & SEUBERT. 1868. Vorwort. Bei Bearbeitung der französischen Renaissance musste ich. aus naheliegenden Gründen die systematische Behandlung, welche Jacob Burckhardt der Renaissance Italiens hat angedeihen lassen, aufgeben und zur historischen Darstellung zurückkehren. Frankreich hat in seiner Renaissance nicht wie Italien aus dem Volksgeiste heraus eine Gesammtkunst geschaffen, in welcher das ganze Leben seinen verklärten Ausdruck findet, sondern auf äusseren Anstoss hin, veranlasst durch seine Fürsten, inmitten einer noch mittelalterlich empfindenden Welt und vielfach durchkreuzt, ja beirrt von gothischen Ueberlieferungen, eine Architektur hervorgebracht, die fast ausschliesslich am Profanbau, und zwar in erster Linie an den Schlössern der Könige und des Adels zur Geltung kommt. Wird dadurch die Richtung der französischen Baukunst einseitiger, ihre Ausprägung unendlich mannichfaltig, so gewinnt sie zugleich für den Historiker wie für den praktischen Architekten einen besonderen Werth. Jener wird mit Interesse der scharf gezeichneten Bewegungslinie nachspüren, in welcher sich aus einem Spiel subjektiver Laune und Willkür allmählich Einfachheit, Klarheit und Anmuth eines neuen, durchaus eigenthümlichen Styles entwickeln. Dieser wird nicht ohne Belehrung beobachten, wie eine noch wahrhaft schöpferische Zeit durch den Genius ächter Künstler es verstanden hat, den antiken Formenkanon und die Einwirkung der italienischen Kunst zu einer bei alldem originellen, nationalen Architektur umzuprägen. National in dem einzigen bei der Baukunst zulässigen Sinne, dass sie den Gewohnheiten und Anschauungen des einzelnen Volkes in einer bestimmten Epoche zu einem künstlerisch entsprechenden Gepräge verhilft. Denn die Einzelformen sind über alle nationalen Schranken hinaus als Ausdruck ewig gültiger Gesetze und Verhältnisse Allgemeingut der Menschheit. Dass ausserdem eine Zeit wie die unsere, deren eigentliche architektonische Aufgaben auf dem Gebiete des Profanbaues liegen, aus den französischen Renaissancebauten, die für verwandte Bedürfnisse und unter ähnlichen klimatischen Verhältnissen geschaffen wurden, Manches lernen kann, versteht sich von selbst. In der Darstellung habe ich, da das Beschreibende nothwendig dabei überwiegen musste, mich bemüht, so kurz und so klar, so genau und so anschaulich wie irgend möglich zu verfahren. Gleichwohl fühle ich, dass ohne bildliche Darstellung mein Zweck nur mangelhaft erreicht werden kann. Eine Reihe bezeichnender Illustrationen, grösstentheils von Herrn Architekt Baldinger auf den Holzstock übertragen, ist desshalb hinzugefügt worden, Einiges darunter ganz neu nach Photographieen, Anderes nach gütig mir überlassenen Reiseskizzen meines Freundes G. Lasius ausgeführt. Die Verlagshandlung hat meinen Wünschen dabei wie immer in dankenswerther Liberalität Rechnung getragen. Im Uebrigen verweise ich auf die zahlreichen, werthvollen Publicationen französischer Architekten und Stecher seit du Cerceau bis auf die neueste Zeit, besonders noch auf die neuerdings durch M. Destailleur begonnene neue Ausgabe von du Cerceau's bekanntem Hauptwerk. (Paris A. Lévy.) Da meine Darstellung der erste Versuch einer selbständigen, erschöpfenden Behandlung dieses Gegenstandes ist, so wird. eine billig abwägende Kritik diess gewiss mit in Anschlag bringen. Hoffentlich wird sie weder gewissenhaftes Studium, noch das ernste Streben nach objectiver Würdigung des Kunstwerthes der geschilderten Werke vermissen. Der heutigen Architektengeneration ist aber, so dünkt mich, das gründliche Studium der Renaissance vor Allem desshalb ans Herz zu legen, weil wir gerade aus den Schöpfungen jener Epoche lernen können, wie eine über den blossen Eklekticismus hinausreichende Architektur mit hoher Freiheit die Summe klassischer Formüberlieferung nur dazu verwendet, um dem geistigen Wesen und den praktischen Bedürfnissen der eigenen Zeit und des eigenen Volkes das wohlangepasste, ausdrucksvolle Kleid zu schaffen. W. Lübke. Verzeichniss der Illustrationen. Seite Fig. 1. Grundriss vom Schloss Bury 24 Fig. 24. Grundriss des Schlosses La 2. Dachfenster vom Schloss zu Blois Muette 25. Grundriss des Schlosses Chalvau Seite 91 94 28 98 34 14 23 touillet 101 29. Grundriss des Schlosses Che 103 33. Aus dem Hofe zu Chantilly 112 34. Pavillon von Chantilly 47 113 50 35. Grundriss der Treppe zu 63 8. Grundriss Blois 9. Grundriss vom Schloss Gaillon 46 10. Ansicht des Schlosses Gaillon 11. Portalbau von Gaillon 12. Nordfaçade vom Schloss Blois 60 13. Grundriss vom Schloss Cham 66 69 70 72 22 zu Caen 137 74 selben. 139 77 20. Theaterfaçade zu Fontaine 78 21. Grundriss des Hauptbaues |