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zierlichen Ornamenten der Renaissance zu einem Ganzen, das selbst in dieser Epoche seines Gleichen sucht. Das Portal besteht nach der allgemeinen Sitte der Zeit aus einer breiten, im Flachbogen geschlossenen Einfahrt und einer kleinen niedrigen Pforte für die Fussgänger. Renaissancepilaster, mit Arabesken bedeckt, bilden die Einfassung, aus welcher die gothischen Bogenprofile, die geschweiften Giebel mit Krabben und Kreuzblumen, die ebenso geschmückten Fialen hervorwachsen. Ueber der schmalen Pforte sieht man im Bogenfeld zwei gewappnete Reisige, im Tympanon des Hauptportales dagegen in einer Flachbogennische, die mit kleinen Spitzbögen garnirt ist, das Reiterbild des Herzogs. Ein hohes spitzbogiges Giebelfeld, welches ein phantastisch ausgezackter Bogen füllt, baut sich darüber auf, mit Krabben und Kreuzblumen reich besetzt, und darüber endlich steigt ein hoher Aufsatz empor, an welchem wieder die Renaissance mit ihren Pilastern und Arabesken und muschelbesetzter Bogennische das Wort ergreift, um endlich noch einmal mit hohem geschweiftem gothischem Bogen zu schliessen. Allein diese oberen Krönungen, obwohl mittelalterlich gedacht, sind in Renaissaneformen übersetzt, namentlich die Fialen und andern Aufsätze originell in Candelaber umgedeutet. So gehört diess Werk zu denjenigen, in welchen die Mischung der beiden grundverschiedenen Elemente zwar in all ihrer spielenden Willkür, aber auch mit überwältigender dekorativer Pracht zur Erscheinung kommt.

Auf beiden Seiten neben dem Portal sieht man Fenster im obern Geschoss mit polygon ausgebautem Altan, der in mittelalterlicher Weise auf Consolen ruht und dessen Balustrade aus Fischblasenmustern zusammengesetzt ist. Im Innern gelangt man unmittelbar in eine grosse Halle und von da in den Hof des Palastes, der noch einen Theil seiner alten Säulenarkaden zeigt. Aus der Halle führt eine der bequemsten und breitesten Wendelstiegen, mit zahlreichen Ruhebänken in den tiefen Fensternischen, zum oberen Geschoss. Dieses besteht aus einem einzigen Saal von bedeutender Länge mit geschnitzter flacher Holzdecke und zwei prächtigen Kaminen. Dieser Saal, »Galerie des cerfs« genannt, diente ursprünglich den grossen Versammlungen der lothringischen Stände, Gegenwärtig ist er sammt den unteren Räumen zu einem historischen Museum eingerichtet und bewahrt unter andern Denkmälern einen prachtvollen Teppich, der am Tage der Schlacht von Nancy im Zelte Karls des Kühnen erbeutet wurde.

§. 17.

Grabdenkmäler.

Einem Meister von Gaillon begegnen wir in dem prächtigen Grabdenkmal, welches die Königin Anna dem letzten Herzog der Bretagne Franz II errichten liess, und das man in der Kathedrale von Nantes sieht. Es ist inschriftlich als Werk des Michel Columb bezeichnet, der es im Jahr 1507 vollendete. Ganz aus Marmor von verschiedenen Farben errichtet, trägt es die beiden liegenden Statuen des Herzogs Franz und seiner letzten Gemahlin Marguerite de Foix, im weiten herzoglichen Mantel, die Krone auf dem Haupt. Nach mittelalterlicher Weise unterstützen Engel die Kissen, auf denen sie ruhen, und zu ihren Füssen liegen ein Löwe und ein Windspiel mit den Wappen der Verstorbenen. Auf den vier Ecken des Denkmals, das als Freigrab in Form einer mittelalterlichen Tumba errichtet ist, stehen die Statuen der vier Kardinaltugenden. Die Flächen des Denkmals sind mit Nischen zwischen eleganten Pilastern gegliedert, welche die Statuetten der zwölf Apostel enthalten. Unter ihnen finden sich Medaillons mit den Reliefbildern Trauernder. hier waltet ein feiner dekorativer Geschmack.

Auch

Ein kleines, aber anmuthiges Grabmal dieser Zeit sieht man in der Kathedrale von Tours.1 Es ist für zwei frühverstorbene Kinder Karls VIII errichtet, Charles d'Orléans, der 1495 im Alter von 3 Jahren und 3 Monaten, und Charles II, der im folgenden Jahre 25 Tage alt starb. Es besteht aus einem marmornen Sarkophag, der ganz mit feinen Arabesken bedeckt ist. Auf ihm ruhen die liebenswürdigsten und unschuldigsten Kindergestalten, denen zwei kleine allerliebste Engel mit inniger Hingebung die Kissen halten, während zu ihren Füssen zwei ähnliche mit den Wappen der Verstorbenen angebracht sind. Diess anmuthige Werk ist die Schöpfung des trefflichen Meisters Jean Juste von Tours.

Endlich gehört hieher als eines der grössten Prachtstücke das Grabdenkmal, welches Georg von Amboise, der Neffe und Nachfolger des gleichnamigen Kardinals, für seinen Oheim und sich selbst im Chor der Kathedrale von Rouen errichten liess. Wir wissen, dass Pierre Valence von Tours, den wir aus den Rechnungen von Gaillon kennen, zuerst damit beauftragt wurde; 2 als er ablehnte, erhielt Roullant le Roux die Ausführung des Werkes, das 1525 vollendet wurde. Roullant war ein auch sonst viel beschäftigter Meister; er arbeitete am

1 Aufn. in Berty, la renaiss. monum. T. II. 2 Deville, p. CIX; vgl. dess. Verf. Tombeaux de la cathédr. de Rouen, p. 91.

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Zu S. CO. Fig. 12. Schloss von Blois. Theil der nördl. Façade. (Baldinger nach Photogr.)

Justizpalast, dem Hauptportal der Kathedrale und dem neuen Thurme derselben. 1 Er gehört zu den Künstlern, welche die unerschöpfliche Phantasie des Mittelalters mit den Formen des neuen Styles zu verbinden wussten. Das Denkmal ist in einer Mauernische an der einen Seitenwand des Chores aufgebaut. Sechs kleine Nischen mit den sitzenden Statuen von Tugenden zwischen Pilastern, die aufs Ueppigste geschmückt sind, bilden den Unterbau. Ueber der Platte desselben sind die beiden Prälaten hinter einander knieend lebensgross dargestellt. Die Rückwand enthält in Nischen zwischen eleganten Pilastern Statuetten von Heiligen, in der Mitte St. Georg den Drachen tödtend. Ueber den Knieenden wölbt sich ein Baldachin, dessen Bogenfläche mit Rosetten und Laubwerk in Gold und Azur bedeckt ist. Drei durchbrochene freischwebende Schlusssteine begrenzen den Bogen. Seine Krönung besteht zunächst aus einem Fries mit Arabesken und allerliebsten nackten Kindern, darüber aus pilastergeschmückten Nischen mit den Statuetten der Apostel und anderer Heiligen. Endlich bilden sechs pyramidale Aufsätze in gothischem Sinn, aber mit Guirlanden, Kindern, Muschelwerk und allerlei phantastischen Figuren, den Abschluss des unvergleichlich prachtvollen Werkes. Wohl darf man keine strengere Kritik an die Composition des Ganzen legen; aber die unerschöpfliche Fülle der Phantasie, die spielende Leichtigkeit der Ausführung bewirken einen Zauber, dem der Beschauer sich gerne gefangen giebt.

III. Kapitel.

Die Renaissance unter Franz I.

A. Königliche Schlösser.

§. 18.

Das Schloss zu Blois.

Hatte die neue Bauweise bis dahin nur in einzelnen Versuchen sich zeigen können, in welchen der gothische Styl überall noch stark sich geltend macht, so gewinnt mit der Thronbestei

1 Deville, les tombeaux de la cathédrale de Rouen. habaud, Denkm. der Bauk. Bd. IV.

2 Aufn. in Gail

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