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die Berge von Encaramada aus dem Wasser emporzusteigen scheinen, wie wenn man sie über dem Meereshorizont sähe. Eie bilden eine ununterbrochene, von Ost nach West streichende Kette, und je näher man ihnen kommt, desto malerischer wird die Landschaft. Diese Berge bestehen aus ungeheuren zerklüfteten, auf einander gethürmten Granitblöcken. Die Theilung der Gebirgsmasse in Blöcke ist eine Folge der Verwitterung. Zum Reiz der Gegend von Encaramada trägt besonders der kräftige Pflanzenwuchs bei, der die Felswände bedeckt und nur die abgerundeten Gipfel frei läßt. Man meint, altes Gemäuer rage aus einem Walde empor. Auf dem Berg, an den sich die Mission lehnt, dem Tepupano der Tamanacos, stehen drei ungeheure Granitcylinder, von denen zwei geneigt sind, während der dritte, unten schmälere und über 80 Fuß hohe, senkrecht stehen geblieben ist. Dieser Felsen, dessen Form an die Schnarcher im Harz oder an die Orgeln von Actopan in Merico erinnert, war früher ein Stück des runden Berggipfels. In allen Erdstrichen hat der nicht geschichtete Granit das Eigenthümliche, daß er durch Verwitterung in prismatische, cylindrische oder säulenförmige Blöcke zerfällt.

Gegenüber dem Gestade der Guaricotos kamen wir in die Nähe eines andern, ganz niedrigen, drei bis vier Toisen langen Felshaufens. Er steht mitten in der Ebene und gleicht nicht sowohl einem Tumulus als den Granitmassen, die man in Holland und Niederdeutschland Hünenbetten nennt. Der Ufersand an diesem Stück des Orinoco ist nicht mehr reiner Quarzsand, er besteht aus Thon und Glimmerblättchen in sehr dünnen Schichten, die meist unter einen Winkel von 40—50 Grad fallen; er sieht aus wie verwitterter Glimmerschiefer

Dieser Wechsel in der geologischen Beschaffenheit der Ufer tritt schon weit oberhalb der Mündung des Apure ein; schon beim Algodonal und beim Caño de Manati fingen wir in legterem Flusse an denselben zu bemerken. Die Glimmerblättchen kommen ohne Zweifel von den Granitbergen von Curiquima und Encaramada, denn weiter nach Nord und Ost findet man nur Quarzsand, Sandstein, festen Kalkstein und Gyps. Daß Anschwemmungen von Süd nach Nord geführt werden, kann am Orinoco nicht befremden; aber wie erklärt sich dieselbe Erscheinung im Bett des Apure, sieben Meilen westwärts von seiner Ausmündung? Beim gegenwärtigen Zustand der Dinge läuft der Apure auch beim höchsten Wasserstand des Orinoco nie so weit rückwärts, und um sich von der Erscheinung Rechenschaft zu geben, muß man annehmen, die Glimmerschichten haben sich zu einer Zeit niedergeschlagen, wo der ganze, sehr tief gelegene Landstrich zwischen Caycara, dem Algodonal und den Bergen von Encaramada ein Seebecken war.

Wir verweilten einige Zeit im Hafen von Encaramada; es ist dieß eine Art Ladeplay, wo die Schiffe zusammenkommen. Das Ufer besteht aus einem 40-50 Fuß hohen Felsen, wieder jenen aufeinander gethürmten Granitblöcken, wie sie am Schneeberg in Franken und fast in allen Granitgebirgen in Europa vorkommen. Manche dieser abgesonderten Massen find kugeligt; es sind aber keine Kugeln mit concentrischen Schichten, sondern nur abgerundete Blöcke, Kerne, von denen das umhüllende Gestein abgewittert ist. Der Granit ist bleigrau, oft schwarz, wie mit Manganoryd überzogen; aber diese Farbe dringt kaum / Linie tief ins Gestein, das röthlich weiß, grobkörnig ist und keine Hornblende enthält.

Die indianischen Namen der Mission San Luis del

Encaramada sind Guaja und Caramana.

Es ist dieß das kleine Dorf, das im Jahr 1749 vom Jesuitenpater Gili, dem Verfasser der in Rom gedruckten Storia dell Orinoco, gegründet wurde. Dieser in den Indianersprachen sehr bewanderte Mann lebte hier achtzehn Jahre in der Einsamkeit bis zur Vertreibung der Jesuiten. Man bekommt einen Begriff davon, wie öde diese Landstriche sind, wenn man hört, daß Pater Gili von Carichana, das 40 Meilen von Encaramada liegt, wie von einem weit entlegenen Orte spricht, und daß er nie bis zu dem ersten Katarakt des Stromes gekommen ist, an dessen Beschreibung er sich gewagt hat.

Im Hafen von Encaramada trafen wir Caraiben aus Panapana. Es war ein Cazike, der in seiner Pirogue zum berühmten Schildkröteneierfang den Fluß hinaufging. Seine Pirogue war gegen den Boden zugerundet wie ein Bongo und führte ein kleineres Canoe, Curiara genannt, mit sich. Er saß unter einer Art Zelt (Toldo), das, gleich dem Segel, aus Palmblättern bestand. Eein kalter, einsylbiger Ernst, die Ehrerbietung, die die Seinigen ihm bezeugten, Alles zeigte, daß man einen großen Herrn vor sich hatte. Der Cazike trug sich übrigens ganz wie seine Indianer; alle waren nacht,

'Die Namen der Missionen in Südamerika bestehen sämmtlich aus zwei Worten, von denen das erste nothwendig ein Heiligenname ist (der Name des Schutzpatrons der Kirche), das zweite ein indianisches (der Name des Volks, das hier lebt, und der Gegend, wo die Mission liegt). So sagt man: San Jose de Maypures, Santa Cruz de Cachipo, SanJuan - Nepomuceno de los Atures etc. Diese zusammengeseßten Namen kommen aber nur in der amtlichen Sprache vor; die Einwohner brauchen nur Einen, meist, wenn er wohlklingend ist, den indianischen. Benachbarten Orten kommen oft dieselben Heiligennamen zu, und dadurch entsteht in der Geographie eine heillose Verwirrung. Die Namen San Juan, San Pedro, San Diego find wie auf Gerathewohl auf unsern Karten umhergestreut.

mit Bogen und Pfeilen bewaffnet und mit Onoto, dem Farbestoff des Rocou, bemalt. Häuptling, Dienerschaft, Geräthe, Fahrzeug, Segel, Alles war roth angestrichen. Diese Caraiben sind Menschen von fast athletischem Wuchs; sie schienen uns weit höher gewachsen als die Indianer, die wir bisher gesehen. Ihre glatten, dichten, auf der Stirne wie bei den Chorknaben verschnittenen Haare, ihre schwarz gefärbten Augenbrauen, ihr finsterer und doch lebhafter Blick gaben ihrem Gesichtsausdruck etwas ungemein Hartes. Wir hatten bis jetzt nur in den Cabineten in Europa ein paar Caraibenschädel von den Antillen gesehen und waren daher überrascht, daß bei diesen Indianern von reinem Blute die Stirne weit gewölbter war, als man sie uns beschrieben. Die sehr großen, aber ekelhaft schmußigen Weiber trugen ihre kleinen Kinder auf dem Rücken. Die Ober- und Unterschenkel der Kinder waren in gewissen Abständen mit breiten Binden aus Baumwollenzeug eingeschnürt. Das Fleisch unter den Binden wird stark zusammengepreßt und quillt in den Zwischenräumen heraus. Die Caraiben verwenden meist auf ihr Aeußeres und ihren Puß so viel Sorgfalt, als nackte und roth bemalte Menschen nur immer können. Sie legen bedeutenden Werth auf gewisse Körperformen, und eine Mutter würde gewissenloser Gleichgültigkeit gegen ihre Kinder beschuldigt, wenn sie ihnen nicht durch künstliche Mittel die Waden nach der Landessitte formte. Da keiner unserer Indianer vom Apure caraibisch sprach, konnten wir uns beim Caziken von Panapana nicht nach den Lagerplägen erkundigen, wo man in dieser Jahreszeit auf mehreren Inseln im Orinoco zum Sammeln der Schildkröteneier zusammenkommt.

Bei Encaramada trennt eine sehr lange Insel den Strom

in zwei Arme. Wir übernachteten in einer Felsenbucht, gegenüber der Einmündung des Rio Cabullare, zu dem der Payara und der Atamaica sich vereinigen, und den manche als einen Zweig des Apure betrachten, weil er mit diesem durch den Rio Arichuna in Verbindung steht. Der Abend war schön; der Mond beschien die Spißen der Granitfelsen. Troß der Feuchtigkeit der Luft war die Wärme so gleichmäßig vertheilt, daß man kein Sternflimmern bemerkte, selbst nicht 4 oder 5 Grad über dem Horizont. Das Licht der Planeten war auffallend geschwächt, und ließe mich nicht die Kleinheit des scheinbaren Durchmessers Jupiters einen Irrthum in der Beobachtung fürchten, so sagte ich, wir alle glaubten hier zum erstenmal mit bloßem Auge die Scheibe Jupiters zu sehen. Gegen Mitternacht wurde der Nordostwind sehr heftig. Er führte keine Wolken herauf, aber der Himmel bezog sich mehr und mehr mit Dunst. Es traten starke Windstöße ein und machten uns für unsere Pirogue besorgt. Wir hatten den ganzen Tag über nur sehr wenige Krokodile gesehen, aber lauter ungewöhnlich große, 20—24 Fuß lange. Die Indianer versicherten uns, die jungen Krokodile suchen lieber die Lachen und weniger breite und tiefe Flüsse auf; besonders in den Caños find sie in Menge zu finden, und man könnte von ihnen sagen, was Abd-Allatif von den Nilkrokodilen sagt, „sie wimmeln wie Würmer an den seichten Stromstellen und im Schuß der unbewohnten Inseln."

Am 6. April. Wir fuhren erst gegen Süd, dann gegen Südwest weiter den Orinoco hinauf und bekamen den Südabhang der Serrania oder der Bergkette Encaramada zu Gesicht. Der dem Fluß am nächsten gelegene Strich ist nicht mehr als 140-160 Toisen hoch, aber die steilen Abhänge,

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