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seitlich. Das Gestade, das ganz trocken scheint, ist bis zur Höhe des Wasserspiegels mit Wasser getränkt. Fünfzig Toisen vom Fluß sahen wir Wasser hervorquellen, so oft die Indianer die Ruder in den Boden steckten; dieser unten feuchte, oben trockene und dem Sonnenstrahl ausgesezte Sand wirkt nun aber wie ein Schwamm. Er gibt jeden Augenblick durch Verdunstung vom eingesickerten Wasser ab; der sich entwickelnde Wasserdampf zieht durch die obere, stark erhißte Sandschicht und wird sichtbar, wenn sich am Abend die Luft abkühlt. Im Maaß, als das Gestade Wasser abgibt, zieht es aus dem Strom neues an, und man sieht leicht, daß dieses fortwährende Spiel von Verdunstung und seitlicher Einsaugung dem Fluß ungeheure Wassermassen entziehen muß, nur daß der Verlust schwer genau zu berechnen ist. Die Zunahme dieses Verlustes wäre der Länge des Stromlaufes proportional, wenn die Flüsse von der Quelle bis zur Mündung überall gleiche Ufer hätten; da aber diese von den Anschwemmungen herrühren, und die Gewässer, je weiter von der Quelle weg, desto langsamer fließen und somit nothwendig im untern Stromlauf mehr abseßen als im obern, so werden viele Flüsse im heißen Erdstrich ihrer Mündung zu seichter. Barrow hat diese auffallende Wirkung des Sandes im östlichen Afrika an den Ufern des Orangeflusses beobachtet. Sie gab sogar bei den verschiedenen Annahmen über den Lauf des Nigers zu sehr wichtigen Erörterungen Anlaß.

Bei der Vuelta de Basilio, wo wir ans Land gingen, um Pflanzen zu sammeln, sahen wir oben auf einem Baum zwei hübsche kleine pechschwarze Affen, von der Größe des Saï, mit Wickelschwänzen. Ihrem Gesicht und ihren Bewegungen nach konnte es weder der Coaïta, noch der Chamek,

noch überhaupt ein Atele seyn. Sogar unsere Indianer hatten nie dergleichen gesehen. In diesen Wäldern gibt es eine Menge Sapajous, welche die Zoologen in Europa noch nicht kennen, und da die Affen, besonders die in Rudeln lebenden und darum rührigeren, zu gewissen Zeiten weit wandern, so kommt es vor, daß bei Eintritt der Regenzeit die Eingeborenen bei ihren Hütten welche ansichtig werden, die sie nie zuvor gesehen. Am selben Ufer zeigten uns unsere Führer ein Nest junger Leguans, die nur vier Zoll lang waren. Sie waren kaum von einer gemeinen Eidechse zu unterscheiden. Die Rückenstacheln, die großen aufgerichteten Schuppen, all die Anhängsel, die dem Leguan, wenn er 4 bis 5 Fuß lang ist, ein so ungeheuerliches Ansehen geben, waren kaum in Rudimenten vorhanden. Das Fleisch dieser Eidechse fanden wir in allen sehr trockenen Ländern von angenehmem Geschmack, selbst zu Zeiten, wo es uns nicht an andern Nahrungsmitteln fehlte. Es ist sehr weiß und nach dem Fleisch des Tatu oder Gürtelthiers, das hier Cachicamo heißt, eines der besten, die man in den Hütten der Eingeborenen findet.

Gegen Abend regnete es; vor dem Regen strichen die Schwalben, die vollkommen den unsrigen glichen, über die Wasserfläche hin. Wir sahen auch, wie ein Flug Papagayen von kleinen Habichten ohne Hauben verfolgt wurden. Das durchdringende Geschrei der Papagayen stach vom Pfeifen der Raubvögel seltsam ab. Wir übernachteten unter freiem Himmel am Gestade, in der Nähe der Insel Carizales. Nicht weit standen mehrere indianische Hütten auf Pflanzungen. Unser Steuermann kündigte uns zum voraus an, daß wir den Jaguar hier nicht würden brüllen hören, weil er, wenn

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er nicht großen Hunger hat, die Crte meidet, wo er nicht allein Herr ist. Die Menschen machen` ihn übellaunig,“ „los hombres lo enfadan“, sagt das Volk in den Missionen, ein spaßhafter, naiver Ausdruck für eine richtige Beobachtung.

Am 3. April. - Seit der Abfahrt von San Fernando ist uns kein einziges Canoe auf dem schönen Strome begegnet. Ringsum herrscht tiefe Einsamkeit. Am Morgen fingen unsere Indianer mit der Angel den Fisch, der hier zu Lande Caribe oder Caribito heißt, weil keiner so blutgierig ist. Er fällt die Menschen beim Baden und Schwimmen an und reißt ihnen oft ansehnliche Stücke Fleisch ab. Ist man anfangs auch nur unbedeutend verlegt, so kommt man doch nur schwer aus dem Wasser, ohne die schlimmsten Wunden davon zu tragen. Die Indianer fürchten diese Caraibenfische ungemein, und verschiedene zeigten uns an Waden und Schenkeln vernarbte, sehr tiefe Wunden, die von diesen kleinen Thieren herrührten, die bei den Maypures Umati heißen. Sie leben auf dem Boden der Flüsse, gießt man aber ein paar Tropfen Blut ins Wasser, so kommen sie zu Tausenden herauf. Bedenkt man, wie zahlreich diese Fische sind, von denen die gefräßigsten und blutgierigsten nur 4-5 Zoll lang werden, betrachtet man ihre dreiseitigen schneidenden, spigen Zähne und ihr weites retractiles Maul, so wundert man sich nicht, daß die Anwohner des Apure und des Orinoco den Caribe so sehr fürchten. An Stellen, wo der Fluß ganz klar und kein Fisch zu sehen war, warfen wir kleine blutige Fleischstücke ins Wasser. In wenigen Minuten war ein ganzer Schwarm von Caraibenfischen da und stritt sich um den Fraß. Der Fisch hat einen kantigen, sägenförmig gekerbten Bauch, ein Merkmal, das mehreren Gattungen, den Serra-Salmen,

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den Myleten und den Pristigastern zukommt. Nach dem Vorhandenseyn einer zweiten fetten Rückenfloße und der Form der von den Lippen bedeckten, auseinander stehenden, in der untern Kinnlade größeren Zähne gehört der Caribe zu den Serra Salmen. Er hat ein viel weiter gespaltenes Maul als Cuviers Myleten. Der Körper ist am Rücken aschgrau, ins Grünliche spielend; aber Bauch, Kiemen, Brust, Bauch- und Afterfloßzen sind schön orangegelb. Im Orinoco kommen drei Arten (oder Spielarten?) vor, die man nach der Größe unterscheidet. Die mittlere scheint identisch mit Marcgravs` mittlerer Art des Piraya oder Piranha (Salmo rhombeus, Linné). Ich habe sie an Ort und Stelle gezeichnet. Der Caribito hat einen sehr angenehmen Geschmack. Weil man nirgends zu baden wagt, wo er vorkommt, ist er als eine der größten Plagen dieser Landstriche zu betrachten, wo der Stich der Moskitos und der Ueberreiz der Haut das Baden zu einem dringenden Bedürfniß machen.

Wir hielten gegen Mittag an einem unbewohnten Ort, Algodonal genannt. Ich trennte mich von meinen Gefährten, während man das Fahrzeug ans Land zog und das Mittagessen rüstete. Ich ging am Gestade hin, um in der Nähe einen Trupp Krokodile zu beobachten, die in der Sonne schliefen, wobei sie ihre mit breiten Platten belegten Schwänze auf einander legten. Kleine schneeweiße Reiher 1 liefen ihnen auf dem Rücken, sogar auf dem Kopf herum, als wären es

1 Garzon Chico. In Oberägypten glaubt man, die Reiher haben eine Zuneigung zum Krokodil, weil sie sich beim Fischfang den Umstand zu Nußze machen, daß die Fische sich über das ungeheure Thier entseßen und sich vor ihm vom Grunde des Wassers an die Oberfläche heraufflüchten; aber an den Ufern des Nils kommt der Reiher dem Krokodil klüglich nicht zu nahe.

Baumstämme.

Die Krokodile waren graugrün, halb mit trockenem Schlamm überzogen; ihrer Farbe und ihrer Regungslosigkeit nach konnte man sie für Bronzebilder halten. Wenig fehlte aber, so wäre mir der Spaziergang übel bekommen. Ich hatte immer nur nach dem Flusse hin gesehen, aber indem ich Glimmerblättchen aus dem Sande aufnahm, bemerkte ich die frische Fährte eines Tigers, die an ihrer Form und Größe so leicht zu erkennen ist. Das Thier war dem Walde zu gegangen, und als ich nun dorthin blickte, sah ich achtzig Schritte von mir einen Jaguar unter dem dichten Laub eines Ceiba liegen. Nie ist mir ein Tiger so groß vorgekommen.

Es gibt Vorfälle im Leben, wo man vergeblich die Vernunft zu Hülfe ruft. Ich war sehr erschrocken, indessen noch soweit Herr meiner selbst und meiner Bewegungen, daß ich die Verhaltungsregeln befolgen konnte, die uns die Indianer schon oft für dergleichen Fälle ertheilt hatten. Ich ging weiter, lief aber nicht; ich vermied es, die Arme zu bewegen, und glaubte zu bemerken, daß der Jaguar mit seinen Gedanken ganz bei einer Heerde Capybaras war, die über den Fluß schwammen. Jezt kehrte ich um und beschrieb einen ziemlich weiten Bogen dem Ufer zu. Je weiter ich von ihm weg kam, desto rascher glaubte ich gehen zu können. Wie oft war ich in Versuchung, mich umzusehen, ob ich nicht verfolgt werde! Glücklicherweise gab ich diesem Drangé erst sehr spät nach. Der Jaguar war ruhig liegen geblieben. Diese ungeheuren Kazen mit geflecktem Fell sind hier zu Lande, wo es Capybaras, Bisamschweine und Hirsche im Ueberfluß gibt, so gut genährt, daß sie selten einen Menschen anfallen. Ich kam athemlos beim Schiffe an und erzählte den Indianern mein Abenteuer. Sie schienen nicht viel daraus zu machen; indessen

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