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Fluß sehr genau bestimmen: sie ist 70° 30′ 46′′ (oder 4° 0′ westlich vom Meridian von Cumana). Der Gang des Chronometers war während der Fahrt im Canoe so regelmäßig, daß er vom 16. April bis 9. Juli nur um 27,9 bis 28,5 Secunden abwich. In San Fernando fand ich die sehr sorgfältig rectificirte Inclination der Magnetnadel gleich 290 70, die Intensität der Kraft 219. Der Winkel und die Schwingungen waren also seit Maypures bei einem Breitenunterschied von 1°11′ beträchtlich kleiner und weniger geworden. Das anstehende Gestein war nicht mehr eisenschüssiger Sandstein, sondern Granit, in Gneiß übergehend.

Am 26. April. Wir legten nur zwei oder drei Meilen zurück und lagerten zur Nacht auf einem Felsen in der Nähe der indianischen Pflanzungen oder Conucos von Guapasoso. Da man das eigentliche Ufer nicht sieht, und der Fluß, wenn er anschwillt, sich in die Wälder verläuft, kann man nur da landen, wo ein Fels oder ein kleines Plateau sich über das Wasser erhebt. Der Atabapo hat überall ein eigenthümliches Ansehen; das eigentliche Ufer, das aus einer acht bis zehn Fuß hohen Bank besteht, sieht man nirgends; es versteckt sich hinter einer Reihe von Palmen und fleinen Bäumen mit sehr dünnen Stämmen, deren Wurzeln vom Wasser bespült werden. Vom Punkt, wo man vom Orinoco abgeht, bis zur Mission San Fernando gibt es viele Krokodile, und dieser Umstand beweist, wie oben bemerkt, daß dieses Flußstück zum Guaviare, nicht zum Atabapo gehört. Im eigentlichen Bett des letteren oberhalb San Fernando gibt es keine Krokodile mehr; man trifft hie und da einen Bava an und viele Süßwasser-Delphine, aber keine Seekühe. Man sucht hier auch vergeblich den Chiguire, die Araguatos oder großen Humboldt, Reise. III.

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Brüllaffen, den Zamuro oder Vultur aura und den Fasanen mit der Haube, den sogenannten Guacharaca. Ungeheure Wassernattern, im Habitus der Boa gleich, find leider sehr häufig und werden den Indianern beim Baden gefährlich. Gleich in den ersten Tagen sahen wir welche neben unserer Pirogue herschwimmen, die 12-14 Fuß lang waren. Die Jaguars am Atabapo und Temi sind groß und gut genährt, sie sollen aber lange nicht so keck seyn als die am Orinoco.

Am 27. April. Die Nacht war schön, schwärzlichte Wolken liefen von Zeit zu Zeit ungemein rasch durch das Zenith. In den untern Schichten der Atmosphäre regte sich kein Lüftchen, der allgemeine Ostwind wehte erst in tausend Toisen Höhe. Ich betone diesen Umstand: die Bewegung, die wir bemerkten, war keine Folge von Gegenströmungen (von West nach Ost), wie man sie zuweilen in der heißen Zone auf den höchsten Gebirgen der Cordilleren wahrzunehmen glaubt, sie rührte vielmehr von einer eigentlichen Brise, vom Ostwind her. Ich konnte die Meridianhöhe von a im südlichen Kreuz gut beobachten; die einzelnen Resultate schwankten nur um 8-10 Secunden um das Mittel. Die Breite von Guapasoso ift 3°53′55′′. Das schwarze Wasser des Flusses diente mir als Horizont, und diese Beobachtungen machten mir desto mehr Vergnügen, als wir auf den Flüssen mit weißem Wasser, auf dem Apure und Orinoco von den Insekten furchtbar zerstochen worden waren, während Bonpland die Zeit am Chronometer beobachtete und ich den Horizont richtete. Wir brachen um zwei Uhr von den Conucos von Guapasoso auf. Wir fuhren immer nach Süden hinauf und sahen den Fluß oder vielmehr den von Bäumen freien Theil seines Bettes immer schmaler werden. Gegen Sonnenaufgang fing es an zu regnen. Wir

waren an diese Wälder, in denen es weniger Thiere gibt als am Orinoco, noch nicht gewöhnt, und so wunderten wir uns beinahe, daß wir die Araguatos nicht mehr brüllen hörten. Die Delphine oder Toninas spielten um unser Canoe. Nach Colebrooke begleitet der Delphinus gangeticus, der SüßwasserDelphin der alten Welt, gleichfalls die Fahrzeuge, die nach Benares hinaufgehen; aber von Benares bis zum Punkt, wo Salzwasser in den Ganges kommt, sind es nur 200 Meilen, von Atabapo aber an die Mündung des Orinoco über 320.

Gegen Mittag lag gegen Ost die Mündung des kleinen Flusses Spurichapano, und später kamen wir am Granithügel vorbei, der unter dem Namen piedra del Tigre bekannt ist. Dieser einzeln stehende Fels ist nur 60 Fuß hoch und doch im Lande weit berufen. Zwischen dem vierten und fünften Grad der Breite, etwas füdlich von den Bergen von Sipapo, erreicht man das südliche Ende der Kette der Katarakten, für die ich in einer im Jahr 1800 veröffentlichten Abhandlung den Namen Kette der Parime in Vorschlag gebracht habe. Unter 4° 20′ streicht sie vom rechten Orinocoufer gegen Ost und Ost-Süd-Ost. Der ganze Landstrich zwischen den Bergen der Parime und dem Amazonenstrom, über den der Atabapo, Cassiquiare und Rio Negro ziehen, ist eine ungeheure, zum Theil mit Wald, zum Theil mit Gras bewachsene Ebene. Kleine Felsen erheben sich da und dort, wie feste Schlösser. Wir bereuten es, unser Nachtlager nicht beim Tigerfelsen aufgeschlagen zu haben; denn wir fanden den Atabapo hinauf nur sehr schwer ein trockenes, freies Stück Land, groß genug, um unser Feuer anzünden und unsere Instrumente und Hängematten unterbringen zu können.

Am 28. April. Der Regen goß seit Sonnenuntergang

in Strömen; wir fürchteten unsere Sammlungen möchten beschädigt werden. Der arme Missionär bekam seinen Anfall von Tertianfieber und bewog uns, bald nach Mitternacht weiter zu fahren. Wir kamen mit Tagesanbruch an die Piedra und den Raudalito von Guarinuma. Der Fels, auf dem östlichen Ufer, ist eine kahle, mit Psora, Cladonia und andern Flechten bedeckte Granitbank. Ich glaubte mich in das nördliche Europa verseßt, auf den Kamm der Gneiß- und Granitberge zwischen Freiberg und Marienberg in Sachsen. Die Cladonien schienen mir identisch mit dem Lichen rangiferinus, dem L. pyxidatus und L. polymorphus Linnés. Als wir die Stromschnellen von Guarinuma hinter uns hatten, zeigten uns die Indianer mitten im Wald zu unserer Rechten die Trümmer der seit lange verlassenen Mission Mendarari. Auf dem andern, östlichen Ufer, beim kleinen Felsen Kemarumo, wurden wir auf einen riesenhaften Käsebaum (Bombax Ceiba) aufmerksam, der mitten in den Pflanzungen der Indianer stand. Wir stiegen aus, um ihn zu messen: er war gegen 120 Fuß hoch und hatte 14-15 Fuß Durchmesser. Ein so außerordentliches Wachsthum fiel uns um so mehr auf, da wir bisher am Atabapo nur kleine Bäume mit dünnem Stamm, von weitem jungen Kirschbäumen ähnlich, gesehen hatten. Nach den Aussagen der Indianer bilden diese kleinen Bäume eine nur wenig verbreitete Gewächsgruppe. Sie werden durch das Austreten des Fluffes im Wachsthum gehemmt; auf den trockenen Strichen am Atabapo, Temi und Tuamini wächst dagegen vortreffliches Bauholz. Diese Wälder (und dieser Umstand ist wichtig, wenn man sich von den Ebenen unter dem Aequator am Rio Negro und Amazonenstrom eine richtige Vorstellung machen will), diese Wälder erstrecken

sich nicht ohne Unterbrechung ostwärts und westwärts bis zum Caffiquiare und Guaviare: es liegen vielmehr die kahlen Savanen von Manuteso und am Rio Jnirida dazwischen. Am Abend kamen wir nur mit Mühe gegen die Strömung vorwärts, und wir übernachteten in einem Gehölz etwas oberhalb Mendarari. Hier ist wieder ein Granitfels, durch den eine Quarzschicht läuft; wir fanden eine Gruppe schöner schwarzer Schörlkrystalle darin.

Am 29. April. Die Luft war kühler; keine Zancudos, aber der Himmel fortwährend bedeckt und sternlos. Ich fing an mich wieder auf den untern Orinoco zu wünschen. Bei der starken Strömung kamen wir wieder nur langsam vorwärts. Einen großen Theil des Tages hielten wir an, um Pflanzen zu suchen, und es war Nacht, als wir in der Mission San Balthasar ankamen, oder, wie die Mönche sagen (da Balthasar nur der Name eines indianischen Häuptlings ist), in der Mission la divina Pastora de Balthasar de Atabapo. Wir wohnten bei einem catalonischen Missionär, einem muntern liebenswürdigen Mann, der hier in der Wildniß ganz die seinem Volksstamm eigenthümliche Thätigkeit entwickelte. Er hatte einen schönen Garten angelegt, wo der europäische Feigenbaum der Persea, der Citronenbaum dem Mamei zur Seite stand. Das Dorf war nach einem regelmäßigen Plan gebaut, wie man es in Norddeutschland und im protestantischen Amerika bei den Gemeinden der mährischen Brüder sieht. Die Pflanzungen der Indianer schienen uns besser gehalten als anderswo. Hier sahen wir zum erstenmal den weißen, schwammigten Stoff, den ich unter dem Namen Dapicho und Zapis bekannt gemacht habe. Wir fahen gleich, daß derselbe mit dem „elastischen Harz“ Aehnlichkeit

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