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II.

1) Geschichte der durch Ueberlieferung nachgewiesenen natürlichen Verånderungen der Erdoberfläche. Ein Versuch von Carl Ernst Adolf von Hoff, Ritter des weißen Falkenordens und herzogl. fåchs. goth. geheimen Assistenzrathe. Erster Theil. Eine von der königl. Gesellschaft der Wissenschaften zu Göttingen gekrönte Preisschrift. Mit einer Charte von Helgoland. Gotha, bei Justus Perthes. 1822. 2) Cuvier's Ansichten von der Urwelt, nach der zweiten OriginalAusgabe verdeutscht und mit Anmerkungen begleitet von Dr. Jacob Noggerath, königl. preuß. Oberbergrathe, ord. Professor der Mineralogie und Mitdirector der naturhistorischen Sammlungen bei der Rheinuniversität, auch verschiedener gelehrten Gesellschaften correspondirendem, ordentlichem und Ehren - Mitgliede. Bonn, bei Eduard Weber. 1822.

3) Die Urwelt und das Alterthum, erläutert durch die Naturkunde, von F. H. Link, Professor der Arzneikunde zu Berlin, Director des botanischen Gartens und Mitgliede der Akademie der Wissenschaften daselbst, wie auch anderer gelehrten Gesellschaften. Zweiter Theil. Berlin, bei Ferdinand Dümmler. 1822.

4) Geschichte der Urwelt. In Umrissen entworfen von J. F. Krů ger, Landbaumeister und Domaineninspector. Erster Theil. Quede linburg und Leipzig, bei Gottfried Basse. 1822.

Zweite Abtheilung.

(Die erste Abtheilung siehe in Nr. XVIII. S. 88—145.)

Nr. 3. Wer den ersten Band dieses eben so anziehenden als lehrreichen Werkes kennt, wird die vorliegende Fortseßung, welche zugleich den Schluß des Ganzen ausmacht, mit nicht geringen Erwartungen und mit noch mehr Befriedigung lesen. Alles, was der erste Band in einzelnen Abhandlungen enthielt, ist hier nach Einer Idee zusammen= gefaßt und auf scharfsinnige Weise durchgeführt. Freilich hat manches dadurch eine andre Gestalt gewonnen, manche Vorstellung wurde be= richtigt, neue Ansichten aufgefaßt, wie es von dem gelehrten Selbst= forscher zu erwarten war.

Dieser zweite Band zerfällt in 6 Abschnitte, welche den systematisch geordneten Inhalt mit Eins übersehen lassen; sie sind überschrieben: 1) 3ur Geschichte der Erde; 2) zur Geschichte der organischen Schöpfung; 3) zur Geschichte der

Menschheit; 4) Veränderungen der Erde in der geschichtlichen Zeit; 5) Veränderungen der organischen Schöpfung in der geschichtlichen Zeit, und 6) Beiträge zur Geschichte der Menschheit in der geschichtlichen Beit.

,,Den Ursprung der Erde," sagt der Vf. im ersten Abschnitt, „hat die Wissenschaft noch nicht erreicht," und jeder, der Hypothese von Wissenschaft zu unterscheiden weiß, wird ihm gern darin bei= pflichten. Es werden dann die bekanntesten Hypothesen über den Ursprung der Erde in kurzen Zügen aufgestellt, und statt dieselben durch eine neue zu vermehren, oder sich für eine derselben zu erklåren, die Erde als vorhanden angenommen. Dann heißt es S. 4: „Ueberall erscheint in der Natur das Regelmäßige als das Ursprüngliche und gleichsam Nothwendige, das Unregelmäßige hingegen als das Spátere und Zufällige." Dem Rec. scheint diese Behauptung als Naturgesek nicht gegründet, sondern das Streben der Natur nach dem Regelmäßigen mit der Erstrebung desselben als Eins genommen zu seyn; vielmehr erscheint das Gesez, welches der Verfasser im folgenden Abschnitt für die organische Schöpfung aufstellt: daß die Natur mit dem Unvollkommenen anfange und nach und nach das Vollkommene zu erreichen strebe, allgemeines Naturgeseß zu seyn, und sowohl von der Erde selbst als von ihren Bewohnern zu gel= ten. Es wird sich dies deutlich zeigen, wenn wir die Anwendung genauer prüfen, welche der Vf. von jenem Saß auf die Bildung der Erde macht. Er sagt: „Wir mögen daher auch die Erde als einen ursprünglich vollkommen runden Körper betrachten; wir mögen diesen zugleich als vollkommen flüssig annehmen, und so finden wir eine Erklärung für die ellipsoidische Gestalt der Erde. Die Mathematik leitet nämlich diese Gestalt auf eine sehr befriedigende Weise von dem Drehen der Erde um ihre Are her, welches durch den Schwung die flüssige Masse unter dem Aequator und in der Nähe desselben erhob, die Pole hingegen abplattete, und so das Ganze in ein Ellipsoid verwandelte." (S. 4.)

Bei dieser Annahme eines ursprünglich vollkommenen, durch Arendrehung entstandenen Ellipsoids muß nothwendig vorausgesezt werden, daß bei der Bildung der Erde, indem sie von dem flüssigen Zustande in einen festen überging, den Wirkungen der Centralkråfte kein Hinderniß im Wege stand. Dies kann aber unmöglich vorausgesezt werden, da die chemischen Kräfte der Masse selbst, die, so lange der flüssige Zustand dauerte; und beim Uebergange desselben in den festen, einen freiern Spielraum hatten, verbunden mit Magnetismus und Elektricität, jenen Wirkungen entgegenstrebten, und die Gestalt konnte sich also der Vollkommenheit nur nähern, sie aber nicht erreichen. So zeigt die Erfahrung die Gestalt der Erde

auch wirklich; allein diese Erfahrung sucht der Vf. auf folgende Weise zu beseitigen: Wenn die Theorie," heißt es, nicht ganz mit der Erfahrung übereinstimmt, so liegt dieses einerseits an der großen Schwierigkeit, solche Erfahrungen zu machen, andrerseits an der Schwierigkeit, die Rechnungen unter den gegebenen Umstånden mit der größten Schärfe zu führen." Es werden dann die Schwierigkeiten bei den Gradmessungen angedeutet, welche der Vf. vorzüglich in die Unvollkommenheit der Instrumente und die zufälligen Ein_wirkungen auf die Magnetnadel seht. Eine noch wichtigere Schwierigkeit findet Rec. in den zufälligen Einwirkungen auf das Bleiloth, an welchen die neuern geodåtischen Arbeiten in Oberitalien gar nicht mehr zweifeln lassen, und die eine größere Ungleichheit in der Dichtigkeit der obern Erdschichten voraussehen, als man bisher angenommen hat. Der Vf. erwähnt der Berechnungen aus den Pendulschwingungen gar nicht, und gleichwohl gibt man ihnen, weil sie sowohl in der Beobachtung als der Berechnung eine größere Genauigkeit, als die Gradmessungen, verstatten, den Vorzug, und in der That scheinen sie sich auch der Wahrheit mehr zu nåhern. Freilich muß man zugeben, daß dieselben zufälligen Ursachen, welche auf das Bleiloth einwirken, auch auf die Pendulschwingungen wirken können; aber was man auch immer gegen jede einzelne Berechnung einwenden mag, so scheint doch das Resultat aus allen, daß die Erde keine ganz regelmäßige Gestalt habe, um so weniger in Zweifel zu ziehen zu seyn, da sie nach den oben angeführten Gründen eine solche auch gar nicht haben kann. Denn man denke sich die Erde als flüssig, so werden allerdings, wie schon bemerkt worden, die Centralkräfte nach vollkommener Gestalt streben; aber zu gleicher Zeit werden die chemischen Kräfte und die so wirksamen impondera= beln Stoffe eine innere, lebendige Bewegung hervorbringen; große, unübersehbare Verbindungen und zugleich eben so große Trennungen mußten stattfinden, und in eben dem Maße mußte die Wirkung der Schwere modificirt werden. Es mußten im Innern des Körpers leichtere Stoffe von den schwereren sich trennen, Luft- und Gasarten sich entwickeln und durch die noch ganz oder halb flüssige Masse nach oben sich Weg bahnen. Die Masse wurde dichter, aber diese Entwickelungen hörten nicht auf · fahren sie doch jezt noch fort im Kleinen sich zu zeigen und wie sie bei dem Durchbrechen nach außen die festeren Massen auseinanderdrängten, mußten zahlLose Thalbildungen, bald von kleinerm Umfange, bald von ungeheurer Ausdehnung entstehen, welche nach dem Maße der schon eingetretenen Cohåsion der festen Theile tiefer oder flacher wurden, und in welche die obern, flüssigen Schichten sofort zusammenstürz So mag die Erde ursprünglich die Gestalt erhalten haben, die fie im Ganzen noch hat. Daß noch lange nach den so entstan

ten.

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denen Hauptformen partielle Erhebungen und Einsinkungen nicht allein möglich, sondern auch nothwendig waren, leuchtet von selbst ein.

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S. 5 fährt der Vf. fort: Aus dem Grundsage, daß überall das Regelmäßige zuerst dagewesen, das Zufällige hingegen spåter entstanden sey, folgt allerdings, daß die Are der Erde ursprünglich senkrecht auf die Bahn derselben war, und die jeßige Schiefe der Ekliptik nebst ihrer periodischen Ab- und Zunahme später entstand. Der Winkel, welchen die Are der Erde mit ihrer Bahn jezt macht, erscheint höchst zufällig. Wir wissen jest, daß jener Winkel einer periodischen Veränderung unterworfen ist; aber nehmen wir auch in dieser periodischen Veränderung den geringsten Winkel an, oder den größten, oder den mittlern, so erscheinen doch immer diese Winkel nicht weniger zufällig, und man ist berechtigt, eine ursprünglich senkrechte Lage der Erdare vorauszusehen." Sind hier aber nicht zwei Fälle mit einander verbunden, von welchen, strenge genommen, einer den andern ausschließt? Die Bestimmung der Schiefe der Ekliptik und des periodischen Wankens derselben durch Laplace, als Folgen der Wirkung der allgemeinen Schwere, ruht auf einem nothwendigen Naturgeseße. Hängt wirklich die Lage der Are von der allgemeinen Schwere ab, und ist das periodische, in enge Grenzen eingeschlossene Wanken wirklich Folge der Ortsveränderung der Fläche der Ekliptik, der anziehenden Kraft der Sonne und des Mondes, so ist kein Punct darin zufällig, sondern jeder durch nothwendige Naturgesege bestimmt. Nimmt man aber an, daß die Are der Erde ursprünglich senkrecht auf ihrer Bahn liegen mußte, so kann dies nur unter zwei verschiedenen Vorausseßungen stattfinden. Entweder man nimmt die Lage der Erdare gegen die Ekliptik als unabhängig von der Einwirkung der Sonne und des Mondes an, was aber bei der ellipsoidischen Gestalt der Erde und der Ortsveranderung der Fläche ihrer Bahn nicht wohl möglich wäre

oder man läßt die Erde sich früher um ihre Are drehen, ehe ihr Verhältniß zum Monde ausgebildet wurde, wo dann ein Uebergang von der rechtwinklichen Lage in die schiefe durch die nachfolgende Wirkung der Schwere sich denken ließe, jedoch durch Annahme einer Hypothese, die nichts für sich und keinen andern Zweck hätte, als eine andre Hypothese zu erklären.

Der Vf. findet es zugleich wahrscheinlich, daß diese Veränderung der Lage der Ure in die früheste Zeit der Erde falle, da in den uns bekannten Lagern sich keine Spur davon finde. Nothwendig håtte bei der senkrechten Lage der Are in den höhern Breitengraden eine höhere Wärme stattfinden müssen, als jeßt; aber im Widerspruche mit fast allen andern Geologen behauptet der Vf., daß aus den organischen Resten der nördlichen Gegenden dies nicht hervorgeht.

Bei der Annahme einer ursprünglich regelmäßigen Fläche des Erdellipsoids ist die Erklärung der Entstehung der Unebenheiten ein sehr wichtiger Punct. Der Verf. nimmt an, daß die Berge später entstanden, und sagt dann: „Dieses war nur auf eine dreifache Weise möglich; entweder unmittelbar durch Bildung derselben über der Oberfläche, oder durch Einstürzen des ebenen Bodens, oder durch Erhebung derselben über die Ebene.“ (S. 8.) Wenn der Vf. hier den gleichfalls möglichen Fall: oder durch alle drei Bildungsarten zugleich nicht anführt, so macht er doch in seinen Erklärungen hie und da factischen Gebrauch davon.

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Von S. 9-12 werden kurz die Geologen angeführt, welche die Entstehung der Berge auf die erste Art erklären. Wenn aber de la Metherie und Werner in diese Classe geseht werden, so scheint uns dies nicht ganz richtig zu fern. Bei der Erystallisation des erstern bildeten sich wohl die Unebenheiten ursprünglich, d. i. ohne schon eine regelmäßige Fläche unter sich zu haben, und die Jeruptionen des Meeres, aus welchen Werner die Berge sich durch Niederschläge bilden läßt, segen eine ursprüngliche Unebenhcit des Bodens voraus, um überhaupt denkbar zu sern.

Der Vf. bestreitet diese erste Hypothese mit zum Theil sehr triftigen Gründen; wenn er aber S. 13 sagt: „Hier ist bloß von · der Erhebung der Gebirge über die Oberfläche der Erde die Rede, nicht von dem Ursprunge der Steine in denselben. Man mag den Granit für einen chemischen Niederschlag oder für einen mechanischen Bodensah aus dem Wasser halten, oder für ein Erzeugniß des Feuers, darauf kommt es hier nicht an;“ so wird dabei etwas vorausgeseht, was erst erwiesen werden muß: daß nämlich die Erhebung oder das Höherwerden und die Entstehung des Gesteins, woraus ein Berg besteht, nicht Eins ist, wie Werner wirklich behauptet. Angenommen, Werner ging von einem regelmäßigen, fe= sten Ellipsoid aus, welches hoch von einem Urmeere bedeckt war, welches die Grundstoffe aller Gebirgsarten enthielt; so waren nuc zwei Fälle möglich: entweder diese Stoffe waren gleichartig durch das ganze Meer verbreitet, oder sie hatten vor ihrem Niederschlage sich durch chemische Verwandtschaft zusammengezogen und schwebten gleichsam wie große Wolken, Gleiches zum Gleichen gezogen, in demselben. Diesen Zustand sezte Werner, und zwar mit Recht, voraus. Der Niederschlag konnte nun nicht überall gleichmäßig erfolgen, und eine Unebenheit wurde begründet, wobei Erhöhung der Form und Bildung der Masse Eins war. Wir werden bei der dritten Hypothese, welche der Vf. annimmt, auf diesen Punct zurúdkommen.

Der Vf. geht dann zu der zweiten Hypothese, der Erklärung der Entstehung der Berge durch Einstürzungen, über. Es war

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