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und da der Caffiquiare bei seiner Mündung eine rasche Wendung von Ost nach Südwest macht, so lag jezt zum erstenmal dieser majestätische Arm des Orinoco in seiner ganzen Breite vor uns da. Er gleicht, was den allgemeinen Charakter der Landschaft betrifft, so ziemlich dem Rio Negro. Wie im Becken dieses Flusses laufen die Waldbäume bis ans Ufer vor und bilden ein Dickicht; aber der Caffiquiare hat weißes Wasser und ändert seine Richtung öfter. Bei den Stromschnellen am Uinumare ist er fast breiter als der Rio Negro und bis über Vasiva hinauf fand ich ihn überall 250 bis 280 Toisen breit. Ehe wir an der Insel Garigave vorbei kamen, sahen wir gegen Nordosten beinahe am Horizont einen Hügel mit halbkugligtem Gipfel. Diese Form ist in allen Himmelsstrichen den Granitbergen eigenthümlich. Da man fortwährend von weiten Ebenen umgeben ist, so hängt sich die Aufmerksamkeit des Reisenden an jeden freistehenden Fels und Hügel. Zusammenhängende Berge kommen erst weiter nach Ost, den Quellen des Pacimoni, Siapa und Mavaca zu. Südlich vom Raudal von Caravine bemerkten wir, daß der Cassiquiare auf seinem gekrümmten Lauf San Carlos wieder nahe kommt. Von der Schanze in die Mission San Francisco, wo wir übernachteten, sind es zu Lande nur zwei und eine halbe Meile, während man auf dem Fluß 7-8 rechnet. Ich verweilte einen Theil der Nacht im Freien in der vergeblichen Hoffnung, die Sterne zum Vorschein kommen zu sehen. Die Luft war nebligt troß der weißen Wasser, die uns einem allezeit sternhellen Himmel entgegen führen sollten.

Die Mission San Francisco Solano auf dem linken Ufer des Cassiquiare heißt so zu Ehren eines der Befehlshaber bei der „Grenzerpedition," Don Joseph Solano, von dem

wir in diesem Werke schon öfter zu sprechen Gelegenheit gehabt. Dieser gebildete Officier ist nie über das Dorf San Fernando am Atabapo hinausgekommen; er hat weder die Gewässer des Rio Negro und des Cassiquiare, noch den Orinoco ostwärts vom Einfluß des Guaviare gesehen. In Folge eines Mißverständnisses, das aus der Unkenntniß der spanischen Sprache entsprang, meinten manche Geographen auf La Cruz Olmedillas berühmter Karte einen 400 Meilen langen Weg_angegeben zu finden, auf dem Don Joseph Solano zu den Quellen des Drinoco, an den See Parime oder das weiße Meer, an die Ufer des Cababury und Uteta gekommen seyn sollte. Die Mission San Francisco wurde, wie die meisten christlichen Niederlassungen südlich von den großen Katarakten des Orinoco, nicht von Mönchen, sondern von Militärbehörden gegründet. Bei der Grenzerpedition legte man Dörfer an, wo ein Subteniente oder Corporal mit seiner Mannschaft Posto gefaßt hatte. Die Eingeborenen, die ihre Unabhängigkeit behaupten wollten, zogen sich ohne Gefecht zurück, andere, deren einflußreichste Häuptlinge man gewonnen, schlossen sich den Missionen an. Wo man keine Kirche hatte, richtete man. nur ein großes Kreuz aus rothem Holze auf und baute daneben eine Casa fuerte, das heißt ein Haus, dessen Wände aus starken, wagrecht übereinander gelegten Balken bestanden. Dasselbe hatte zwei Stockwerke; im obern standen zwei Steinböller oder Kanonen von kleinem Kaliber; zu ebener Erde hausten zwei Soldaten, die von einer indianischen Familie bedient wurden. Die Eingeborenen, mit denen man im Frieden lebte, legten ihre Pflanzungen um die Casa fuerte an. Hatte man einen feindlichen Angriff zu fürchten, so wurden sie von den Soldaten mit dem Horn oder einem

Botuto aus gebrannter Erde zusammengerufen. So waren die neunzehn angeblichen christlichen Niederlassungen beschaffen, die Don Antonio Santos auf dem Wege von Esmeralda bis zum Everato gegründet. Militärposten, die mit der Civilisation der Eingeborenen gar nichts zu thun hatten, waren auf den Karten und in den Schriften der Missionäre als Dörfer (pueblos) und redicciones apostolicas angegeben. Die Militärbehörde behielt am Orinoco die Oberhand bis zum Jahr 1785, mit dem das Regiment der Franciskaner seinen Anfang nimmt. Die wenigen Missionen, die seitdem gegründet oder vielmehr wiederhergestellt worden, sind das Werk der Observanten und die Soldaten, die in den Missionen liegen, stehen jezt unter den Missionären, oder die geistliche Hierarchie maßt sich doch dieses Verhältniß an.

Die Indianer, die wir in San Francisco Solano trafen, gehörten zwei Nationen an, den Pacimonales und den Cheruvichahenas. Da lettere Glieder eines ansehnlichen Stammes sind, der am Rio Tomo in der Nachbarschaft der Manivas am obern Rio Negro haust, so suchte ich von ihnen über den obern Lauf und die Quellen dieses Flusses Erkundigung einzuziehen; aber mein Dolmetscher konnte ihnen den Sinn meiner Fragen nicht deutlich machen. Sie wiederholten nur zum Ueberdruß, die Quellen des Rio Negro und des Inirida seyen so nahe beisammen, wie zwei Finger der Hand.“ In einer Hütte der Pacimonales kauften wir zwei schöne, große Vögel, einen Tucan (Piapoco), der dem Ramphastos erythrorynchos nahe steht, und den Ana, eine Art Aras, 17 Zoll lang mit durchaus purpurrothem Gefieder, gleich dem Psittacus Macao. Wir hatten in unserer Pirogue bereits sieben Papagaien, zwei Felshühner, einen Motmot, zwei Guans oder

Pavas de Monte, zwei Manaviris (Cercoleptes oder Viverra caudivolvula) und acht Affen, nämlich zwei Atelen (die Marimonda von den großen Katarakten, Brissots Simia Belzebuth), zwei Titi's (Simia sciurea, Buffon's Saïmiri), eine Viudita (Simia lugens), zwei Douroucoulis oder Nachtaffen (Cusicusi oder Simia trivirgata), und den Cacajao mit kurzem Schwanz (Simia melanocephala). 1 Pater Zea war auch im Stillen sehr schlecht damit zufrieden, daß sich unsere wandernde Menagerie mit jedem Tag vermehrte. Der Tucan gleicht nach Lebensweise und geistiger Anlage dem Raben; es ist ein muthiges, leicht zu zähmendes Thier. Sein langer Schnabel dient ihm als Vertheidigungswaffe. Er macht sich zum Herrn im Hause, stiehlt, was er erreichen kann, badet sich oft und fischt gern am Ufer des Stroms. Der Tucan, den wir gekauft, war sehr jung, dennoch neckte er auf der ganzen Fahrt mit sichtbarer Luft die Cusicusis, die trübseligen, zornmüthigen Nachtaffen. Ich habe nicht bemerkt, daß, wie in manchen naturgeschichtlichen Werken steht, der Tucan in Folge des Baus seines Schnabels sein Futter in die Luft werfen und so verschlingen müßte. Allerdings nimmt er dasselbe etwas schwer vom Boden auf; hat er es aber einmal mit der Spiße seines ungeheuern Schnabels gefaßt, so darf er nur den Kopf zurückwerfen und den Schnabel, so lange er schlingt, aufrecht halten. Wenn er trinken will, macht der Vogel ganz feltsame Geberden. Die Mönche sagen, er mache das Zeichen des Kreuzes über dem Wasser, und wegen dieses Volksglaubens haben die Creolen dem Tucan den sonderbaren Namen Diostedè (Gott vergelt's dir) geschöpft.

Die drei letztgenannten Arten find neu.

Unsere Thiere waren meist in kleinen Holzkäfigten, manche liefen aber frei überall auf der Pirogue herum. Wenn Regen drohte, erhoben die Aras ein furchtbares Geschrei, und der Tucan wollte ans Ufer, um Fische zu fangen, die kleinen Titiaffen liefen Pater Zea zu und krochen in die ziemlich weiten Aermel seiner Franciskanerkutte. Dergleichen Auftritte kamen oft vor und wir vergaßen darüber der Plage der Moskitos. Nachts im Bivouac stellte man in die Mitte einen ledernen Kasten (petaca) mit dem Mundvorrath, daneben unsere Instrumente und die Käfige mit den Thieren, ringsum wurden unsere Hängematten befestigt und weiterhin die der Indianer. Die äußerste Grenze bildeten die Feuer, die man anzündet, um die Jaguars im Walde fern zu halten. So war unser Nachtlager am Ufer des Cassiquiare angeordnet. Die Indianer sprachen oft von einem kleinen Nachtthier mit langer Nase, das die jungen Papagaien im Nest überfalle und mit den Händen fresse wie die Affen und die Manaviri's oder Kinkajous. Sie nannten es Guachi; es ist wahrscheinlich ein Coati, vielleicht Viverra nasua, die ich in Merico im freien Zustand gesehen, nicht aber in den Strichen von Südamerika, die ich bereist. Die Missionäre verbieten den Eingeborenen alles Ernstes, das Fleisch des Guachy zu essen, da sie einen weit verbreiteten Glauben theilen und diesem Fleisch stimulirende Eigenschaften zuschreiben, wie die Orientalen dem Fleisch der Skinfos (Lacerta scincus) und die Amerikaner dem der Caymans.

Am 11. Mai. Wir brachen ziemlich spät von der Mission San Francisco Solano auf, da wir nur eine kleine Tagreise machen wollten. Die untere Dunstschicht fing an sich in Wolken mit festen Umrissen zu theilen, und in den obern Luftregionen.

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