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angenommen haben, eine Wasserscheide zwischen dem Becken des Orinoco und dem des Amazonenstroms, vielmehr entspringen am Südabhang derselben die Quellen des ersteren Stroms. Der Orinoco beschreibt (ganz wie der Arno in der bekannten Voltata zwischen Bibieno und Ponta Sieve) drei Viertheile eines Ovals, dessen große Achse in der Richtung eines Parallels liegt. Er läuft um einen Bergstock herum, von dessen beiden entgegengeseßten Abhängen die Gewässer ihm zulaufen. Von den Alpenthälern des Maraguaca an läuft der Fluß zuerst gegen West oder West-Nord-West, als sollte er sich in die Südsee ergießen; darauf, beim Einfluß des Guaviare, fängt er an nach Nord umzubiegen und läuft in der Richtung eines Meridians bis zur Mündung des Apure, wo ein zweiter „Wiederkehrungspunkt“ liegt. Auf diesem Stücke seines Laufs füllt der Orinoco eine Art Rinne, die durch das sanfte Gefälle, das sich von der sehr fernen Andenkette von Neu-Grenada herunterzieht, und durch den ganz kurzen Gegenhang, der oftwärts zur steilen Gebirgswand der Parime hinaufläuft, gebildet wird. In Folge dieser Bodenbildung kommen die bedeutendsten Zuflüsse dem Orinoco von Westen her zu. Da der Hauptbehälter ganz nahe an den Gebirgen der Parime liegt, um die er sich von Süd nach Nord herumbiegt (als sollte er Portocabello an der Nordküste von Venezuela zu laufen), so ist sein Bett von Felsmassen verstopft. Dieß ist der Strich der großen Katarakten; der Strom bricht sich brüllend Bahn durch die Ausläufer, die gegen West fortstreichen, so daß auf der großen „Land-Meerenge" (détroit terrestre) zwischen den Cordilleren von

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Es ist dieß eine 80 Meilen breite Oeffnung, die einzige, durch welche die vereinigten Becken des obern Orinoco und des Amazonen

Neu-Grenada und der Sierra Parime die Felsen am westlichen Ufer des Stroms noch dieser Sierra angehören. Beim Einfluß des Rio Apure sieht man nun den Orinoco zum zweitenmal, und fast plöglich, aus seiner Richtung von Süd nach Nord in die von West nach Ost umbiegen, wie weiter oben. der Einfluß des Guaviare den Punkt bezeichnet, wo der westliche Lauf rasch zum nördlichen wird. Bei diesen beiden Biegungen wird die Richtung des Hauptbehälters nicht allein durch den Stoß der Gewässer des Nebenflusses bestimmt, sondern auch durch die eigenthümliche Lage der Hänge und Gegenhänge, die sowohl auf die Richtung der Nebenflüsse als auf die des Orinoco selbst ihren Einfluß äußern. Umsonst sieht man sich bei diesen geographisch so wichtigen „Wiederkehrungspunkten“ nach Bergen oder Hügeln um, die den Strom seinen bisherigen Lauf nicht fortseßen ließen. Beim Einfluß des Guaviare sind keine vorhanden, und bei der Mündung des Apure konnte der niedrige Hügel von Cabruta auf die Richtung des Orinoco sicher keinen Einfluß äußern. Diese Verände rungen der Richtung sind Folgen allgemeinerer Ursachen; sie rühren her von der Lage der großen geneigten Ebenen, aus denen die polyedrische Fläche der Niederungen besteht. Die Bergketten steigen nicht wie Mauern auf wagrechten Grundflächen empor; ihre mehr oder weniger prismatischen Stöcke

stroms mit dem Becken des untern Orinoco oder den Llanos von Venezuela in Verbindung stehen. Wir betrachten diese Oeffnung geologisch als ein détroit terrestre, als eine Land - Meerenge, weil sie macht, daß aus einem dieser Becken in das andere Gewässer strömen, und weil ohne sie die Bergkette der Parime, die, gleich den Ketten des Küstenlandes von Caracas und denen von Mato Grosso oder Chiquitos, von Ost nach West streicht, unmittelbar mit den Anden von Neu- Grenada zusammenhinge. (S. Bd. II. Seite 379.)

stehen immer auf Plateaur, und diese Plateaux streichen mit stärkerer oder geringerer Abdachung dem Thalweg des Stromes zu. Der Umstand, daß die Ebenen gegen die Berge ansteigen, ist somit die Ursache, daß sich die Flüsse so selten an den Bergen selbst brechen und den Einfluß dieser Wasserscheiden, so zu sagen, in bedeutender Entfernung fühlen. Geographen, welche Topographie nach der Natur studirt und selbst Bodenvermessungen vorgenommen haben, können sich nicht wundern, daß auf Karten, auf denen wegen ihres Maßstabes ein Gefälle von 3—5 Grad sich nicht angeben läßt, die Ursachen der großen Flußkrümmungen materiell gar nicht ersichtlich sind. Der Orinoco läuft von der Mündung des Apure bis zu seinem Ausfluß an der Ostküste von Amerika parallel mit seiner anfänglichen Richtung, aber derselben entgegen; sein Thalweg wird dort gegen Norden durch eine fast unmerkliche Abdachung, die sich gegen die Küstenkette von Venezuela hinaufzieht, gegen Süden durch den kurzen steilen Gegenhang an der Sierra Parime gebildet. In Folge dieser eigenthümlichen Terrainbildung_umgibt der Drinoco denselben granitischen Gebirgsstock in Süd, West und Nord, und befindet sich nach einem Lauf von 1350 Seemeilen (zu 950 Toisen) 300 Seemeilen von seinem Ursprung. Es ist ein Fluß, dessen Mündung bis auf zwei Grad im Meridian seiner Quellen liegt.

Der Lauf des Orinoco, wie wir ihn hier flüchtig geschildert, zeigt drei sehr bemerkenswerthe Eigenthümlichkeiten: 1) daß er dem Bergstock, um den er in Süd, West und Nord herläuft, immer so nahe bleibt; 2) daß seine Quellen in einem Landstrich liegen, der, wie man glauben sollte, dem Becken des Rio Negro und des Amazonenstroms angehört; 3) daß er sich gabelt und einem andern Flußsystem einen Arm

zusendet. Nach bloß theoretischen Vorstellungen sollte man annehmen, die Flüsse, wenn sie einmal aus den Alpenthälern heraus sind, in deren obern Enden sie entsprungen, müßten rasch von den Bergen weg auf einer mehr oder weniger geneigten Ebene fortziehen, deren stärkster Fall senkrecht ist auf die große Achse der Kette oder die Hauptwasserscheide. Eine solche Voraussetzung widerspräche aber dem Verhalten der großartigsten Ströme Indiens und Chinas. Es ist eine Eigenthümlichkeit dieser Flüsse, daß sie nach ihrem Austritt aus dem Gebirge mit der Kette parallel laufen. Die Ebenen, deren Gehänge gegen die Gebirge ansteigen, sind am Fuße derselben unregelmäßig gestaltet. Nicht selten mag die Erscheinung, von der hier die Rede ist, von der Beschaffenheit des geschichteten Gesteins und daher rühren, daß die Schichten den großen Ketten parallel streichen; da aber der Granit der Sierra Parime fast durchaus massig, nicht geschichtet ist, so deutet der Umstand, daß der Orinoco sich so nahe um diesen Gebirgsstock herumschlingt, auf eine Terrainsenkung hin, die mit einer allgemeineren geologischen Erscheinung zusammenhängt, auf eine Ursache, die vielleicht bei der Bildung der Cordilleren selbst im Spiele war. In den Meeren und den Binnenseen finden sich die tiefsten Stellen da, wo die Ufer am höchsten und steilsten sind. Fährt man von Esmeralda nach Angostura den Orinoco hinab, so sieht man (ob die Richtung West, Nord oder Ost ist) 250 Meilen weit am rechten Ufer beständig sehr hohe Berge, am linken dagegen Ebenen, so weit das Auge reicht. Die Linie der größten Tiefen, die Maxima der Senkung liegen also am Fuß der Cordillere selbst, am Umriß der Sierra Parime.

Eine andere Eigenthümlichkeit, die uns auf den ersten

Anblick am Laufe des Orinoco auffällig erscheint, ist, daß das Becken dieses Stroms ursprünglich mit dem Becken eines andern, des Amazonenstroms, zusammenzufallen scheint. Wirft man einen Blick auf die Karte, so sieht man, daß der obere Orinoco von Ost nach West über dieselbe Ebene läuft, durch die der Amazonenstrom parallel mit ihm, aber in entgegengesezter Richtung, von West nach Ost zieht. Aber das Becken ist nur scheinbar ein gemeinschaftliches; man darf nicht vergeffen, daß die großen Bodenflächen, die wir Ebenen nennen, ihre Thäler haben, so gut wie die Berge. Jede Ebene besteht aus verschiedenen Systemen alternativer Hänge, 1 und diese Systeme sind von einander durch secundäre Wasserscheiden von so geringer Höhe getrennt, daß das Auge sie fast nicht bemerkt. Eine ununterbrochene, waldbedeckte Ebene füllt den ungeheuern Raum zwischen dem 31⁄2 Grad nördlicher und dem 14. Grad südlicher Breite, zwischen der Cordillere der Parime und der Cordillere von Chiquitos und der brasilianischen. Bis zum Parallel der Quellen des Rio Temi (2° 45′ nördlicher Breite), auf einer Oberfläche von 204,000 Quadratmeilen, 2 laufen alle Gewässer dem Amazonenstrom als Hauptbehälter zu; aber weiter gegen Norden hat in Folge eigenthümlicher Terrainbildung auf einer Fläche von nicht 1500 Quadratmeilen ein anderer großer Strom, der Orinoco, sein eigenes hydraulisches System. Die Centralebene von Südamerika umfaßt also zwei Strombecken; denn ein Becken ist die Gesammtheit aller umliegenden Bodenflächen, deren stärkste Falllinien dem Thalweg, das heißt der Längenvertiefung, welche das Bett des Hauptbehälters bildet, zulaufen. Auf dem kurzen

Hänge, die in entgegengesetzter Richtung gegen den Horizont geneigt sind. 2 Eine Oberfläche zehnmal größer als Frankreich.

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